Cover des Buches Nixenkuss (ISBN: 9783596176137)
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Rezension zu Nixenkuss von Samantha Hunt

Rezension zu "Nixenkuss" von Samantha Hunt

von Die Buchprüferin vor 13 Jahren

Rezension

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Die Buchprüferinvor 13 Jahren
Das klingt natürlich cool: „Scheiß aufs Festland. Ich bin eine Nixe.“ Ich mag Texte, die ein bisschen krachert daherkommen (krachert heißt so viel wie derb hier in Bayern, klingt aber ... knackiger), also habe ich mich guten Mutes in dieses grade mal 216 Seiten starke Buch vertieft. In die Geschichte der Ich-Erzählerin, die den traumatisierten Irak-Heimkehrer Jude liebt und selbst noch immer unter dem Trauma leidet, dass ihr Vater einst ins Meer ging und nicht wiederkam. Außerdem mag ich AutorInnen, die mit der Sprache spielen, auf sie achtgeben, sie hegen und pflegen, bis sie so aufblüht, dass die Kritiker das Buch einfach als „Verwirrend schön“ und „wahrhaft abgründigen und dennoch hochromantischen Debütroman“ loben müssen. Wunderbar ziehen sich Motive durchs ganze Buch, wie zum Beispiel die lexikalisch anmutenden Worterklärungen, die vom Großvater herrühren – er war einst Schriftsetzer und hat immer noch eine Leidenschaft für Wörterbücher, die seine Enkelin irgendwie teilt. Und natürlich mag ich fantastische Elemente, die eben das Verwirrende in der ganzen Schönheit erzeugen und einen ins Grübeln bringen, was jetzt echt ist und was nicht. Leider habe ich ein Problem mit dem Wahnsinn. Genauer gesagt mit der Durchgeknalltheit der Ich-Erzählerin, der in aller Breite, Süße und schmelzenden Poesie die Seiten durchdringt. Zuerst ging es noch, etwa über ein Fünftel des Buches konnte ich diese naive und sanfte Form der Verrücktheit genießen, bis ich merkte, dass es immer so weiterging. „Ich bin verliebt, und darunter leidet meine Sehkraft“ – das ist niedlich, künstlerisch hochstehend, hat auch was Selbstironisches, aber nach 100 Seiten hätte ich am liebsten geplärrt: Verrückt sein ist nicht niedlich, es ist nicht romantisch, es ist nicht poetisch! Es ist das alles auch (weil irgendwie alles auf der Welt fast alle Aspekte haben kann, je nach Blickwinkel), aber es ist auch brutal, extrem verstörend und zerstörerisch. Auch Selbstmord hat in der Regel nur wenige poetische Seiten, und es widerstrebt mir, ihn romantisiert zu sehen. Sicher kann man dieses Buch lieben; es ist nicht schwer, mir das vorzustellen. Sicher war es auch schön, es zu schreiben – sich der langsamen Strömung dieses meerbesessenen Herzens, dieses in ästhetischer Auflösung befindlichen Verstandes hinzugeben. Empfehlen kann ich es aber nur denen unter uns, die am Verrücktsein den romantischen Aspekt genießen können und wollen.
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