Rezension zu Wenn Frauen morden von Stephan Harbort
Rezension zu "Wenn Frauen morden" von Stephan Harbort
von SitataTirulala
Rezension
SitataTirulalavor 12 Jahren
"Das vermeintliche Lamm ist den Opfern zum Wolf geworden." ---------- Was bringt eine Mutter dazu, neun ihrer Kinder gleich nach der Geburt zu töten und die Leichen in Blumenkübeln zu verstecken? Wie kann eine Altenpflegerin es übers Herz bringen, ihr Anvertraute Patienten umzubringen? Stephan Harbort beschäftigt sich in seinem Buch "Wenn Frauen morden" nicht nur mit Mörderinnen, sondern mit Serientäterinnen. Er stellt nicht nur ihre Taten losgelöst von allem anderen dar, sondern beleuchtet auch das Umfeld, in dem die Täterinnen aufgewachsen sind, berücksichtigt Konflikte und Probleme in Partnerschaft und Ehe, kurzum: Er versucht die Gesamtsituation zu betrachten, anstatt gleich zu verteufeln. "Männliche Gewalt ist der gesellschaftlich akzeptierte Maßstab für Normverletzungen und Unterdrückung, die tötende Frau hingegen ist der verstörende und betörende Gegenentwurf. Einerseits büßt der Mann seine Dominanz ein, andererseits macht gerade dieser Tabubruch die Mörderinnen besonders anziehend." Und es ist, wie Harbort in der Einleitung seines Buches schreibt: Die 'Regel' sind die männlichen Seriemörder. Ihre Motive sind oft sexuelle Gewalt, die Beherrschung und Vernichtung ihrer Opfer. Frauen dagegen versuchen sich mit ihren Taten dagegen fast immer von etwas zu befreien, sei es nun der gewalttätige Ehemann, sei es Angst vor den Konsequenzen einer ungewollten Schwangerschaft, seien es Selbstzweifel. Harbort versucht zu verdeutlichen, dass weibliche Täter allein schon deswegen nicht an ihren männlichen Pendanten zu messen sind, weil die Ausgangslagen völlig andere sind. Der Mann will dominieren, die Frau will sich befreien. Meiner Ansicht nach gelingt Harborts Bemühung, die jeweiligen Fälle mit ihren verschiedenen und bei der Urteilsbildung - nicht nur im juristischen Sinne - beachtenswerten Fakten zu präsentieren. Die Täterinnen nicht nur auf ihre Verbrechen zu reduzieren, sondern die Gesamtumstände zu würdigen. Er beschönigt nicht, aber er verteufelt auch nicht, womit sonst ja die Presse immer schnell bei der Hand ist. Alles in allem eine sehr interessante, flüssig lesbare Lektüre, die ihre vier Sterne voll und ganz verdient hat.