Cover des Buches Die Terranauten (ISBN: 9783446253865)
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Rezension zu Die Terranauten von T. C. Boyle

Großartig!

von raven1711 vor 7 Jahren

Rezension

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raven1711vor 7 Jahren
Klappentext:
In einem geschlossenen Ökosystem unternehmen Wissenschaftler in den neunziger Jahren in den USA den Versuch, das Leben nachzubilden. Zwei Jahre lang darf keiner der acht Bewohner die Glaskuppel von „Ecosphere 2“ verlassen. Egal, was passiert. Touristen drängen sich um das Megaterrarium, Fernsehteams filmen, als sei es eine Reality-Show. Eitelkeit, Missgunst, Rivalität – auch in der schönen neuen Welt bleibt der Mensch schließlich doch, was er ist. Und es kommt, wie es kommen muss: Der smarte Ramsay verliebt sich in die hübsche Dawn – und sie wird schwanger. Kann sie das Kind austragen? T.C. Boyles prophetisches und irre komisches Buch, basierend auf einer wahren Geschichte, berührt die großen Fragen der Menschheit.

Meinung:
Ich kann mich noch vage erinnern, in meiner Jugend von einem Projekt namens "Biosphere 2" gehört zu haben. In diesem Projekt sollten 8 Menschen 2 Jahre lang in einem isolierten Komplex leben, als Selbstversorger und ohne dass von außen Einfluss genommen wurde. Im zweiten Versuch scheiterte Biosphere 2 damals, die Anlage steht aber immer noch und wird auch mittlerweile wieder für wissenschaftliche Zwecke genutzt. Dem Szenario um diese Biokuppel hat sich nun T. C. Boyle angenommen und daraus einen Roman konstruiert, der sich nahe an den damals tatsächlich stattgefundenen Ereignissen orientiert.
Hier wird das Projekt Ecosphere 2 genannt und auch hier sollen 4 Männer und 4 Frauen 2 Jahre lang autark in der Anlage wohnen. Das erste Projekt ist bereits gescheitert, da von außen zu viele Zugriffe erfolgten. Der 2. Versuch soll deshalb unter keinen Umständen scheitern, egal was kommt und passiert, da sind sich alle Beteiligten sicher. Und jeder ist bereit, alles zu geben, um dieses Vorhaben durchzuziehen. Doch innerhalb der Sphäre ist das Leben nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick wirkt Das enge miteinander setzt den Terranauten gehörig zu. Und auch der Druck von außen ist hoch, schließlich will das Projekt ja finanziert werden. So sollen die Terranauten also jederzeit für Presse und Publikum verfügbar sein, sich anständig benehmen und ja nicht aus der Rolle fallen. Dann aber wird eine Terranautin schwanger und das Projekt droht endgültig zu kippen.
Wenn T.C. Boyle etwas richtig gut kann, dann kluge und fesselnde Charaktere und Zusammensetzungen zu konstruieren. Im Fokus dieses Buchs liegen drei Protagonisten: Die Terranauten Dawn und Richard, sowie Daws Freundin Linda, die es nicht in das Projekt geschafft hat. Jeder der drei erzählt seine Geschichte in der Ich-Perspektive, weshalb man über jeden einen guten Eindruck über deren Charaktereigenschaften, Gedanken und Handlungen erhält. Alle drei Personen sind sehr ich-bezogen, was für reichlich Zündstoff sorgt und dem Leser aber auch öfters mal einen Spiegel vor die Nase hält. Denn in der Extremsituation, in der sie sich befinden, tauchen so manche Züge auf, die nicht nur die Sonnenseiten des Lebens beleuchten. Neid und Missgunst, Ehrgeiz und Rücksichtslosigkeit, dies sind nur ein paar der Motive, die die Protagonisten hier umtreiben. Aber neben all diesen Negativen Eigenschaften schafft Boyle es mühelos, dass man auch bei den unsympatischsten Figuren deren Gefühle und Einstellungen nachvollziehen kann. Ich mochte die Figuren im Buch unheimlich gerne, nicht nur aufgrund ihrer Komplexität, sondern auch wegen ihrer Authentizität.
Aber nicht nur die Charaktere beleben den Roman, auch die Handlung selber ist großartig umgesetzt. Immer wieder fragt man sich, ob die Geschehnisse so auch wirklich passiert sind, wo die Fiktion einsetzt und welche Szenen real sind. Neben den Ereignissen in Ecosphere 2 wird aber auch immer wieder auf Presse und Wissenschaft eingegangen. Boyle zeichnet wieder einmal ein großartiges und zynisches Bild über die westliche Kultur, und zeigt, wie abhängig unsere Wissenschaftler von Sponsoren sind und wie viel Pressearbeit gemacht werden muss, um forschen zu können. Gekonnt lotet er die zwischenmenschlichen Beweggründe aus und lässt den Leser nachdenklich zurück. Der Übersetzer Dirk van Gunsteren hat einen richtigen Pageturner aus Boyles Worten gezaubert und das Buch lies mich nicht mehr los. Die zum Teil recht langen Kapitel fielen daher kaum auf.

Fazit:
Ich mag die Bücher von T.C. Boyle unheimlich gerne, wirft der Autor doch immer wieder einen ganz genauen, kritischen Blick auf unsere Gesellschaft, Menschen und Ereignisse. Auch in Die Terranauten bleibt der Autor sich treu, fesselt den Leser an ein spannendes Stück Geschichte und weiß seine Leser zu unterhalten.
Von mir gibt es 5 von 5 Punkten.
Vielen Dank an die Hanser Literaturverlage für das Rezensionsexemplar.
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