Cover des Buches Orchis (ISBN: 9783218011044)
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Rezension zu Orchis von Verena Stauffer

Eigen und poetisch

von sursulapitschi vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ein sehr eigenes Buch, poetisch, aufwühlend und ein bisschen verrückt. Man muss sich für poetische Sprache begeistern können, um es zu mögen

Rezension

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sursulapitschivor 6 Jahren
Bei diesem Buch ist es wirklich ratsam, vorher in die Leseprobe hineinzuschauen. Ich hätte schon nach wenigen Seiten bemerkt, dass der Schreibstil für meinen Geschmack viel zu blumig ist.

"Regen. Gleichmäßig und flächendeckend rieselten Millionen gläserner Fallschirme vom Himmel zur Erde, Wolkentröpfchen, welche den Taupunkt erreicht hatten und in hoher Fallgeschwindigkeit hervorbrachen, um das Land zu tränken."

Natürlich ist das kunstvoll, auch sehr plastisch und atmosphärisch. Als der Botaniker Anselm in Madagaskar eintrifft, explodieren die Farben und Gerüche, man hat das Gefühl, man ist da, auch wenn es mir zu überbordend beschrieben ist.

Anselm ist Orchideenforscher, eine Koryphäe, und um ein neues Exemplar zu entdecken, ist ihm kein Weg zu weit. Die albernen Ideen, die Darwin neuerdings verbreitet, findet er lächerlich. Er wird ihn widerlegen, bloßstellen, man wird ihm zujubeln, auf Kongresse einladen, ihm die Welt zu Füßen legen. Er ist überzeugt von seinem Genie und er brennt für Orchideen, eine Leidenschaft, für die er alles vergessen kann, sogar sich selbst. Bei allem Genie ist er auch labil. Als er meint, der sagenhafte Stern von Madagaskar würde aus seiner Schulter wachsen, weist man ihn in eine psychiatrische Anstalt ein.

Dieses Buch lebt von seinem Erzählstil, den man mögen muss. Das Ambiente ist plastisch, Anselms Leidenschaft und auch sein Größenwahn sind immer präsent, verfließen mit den ausufernden Beschreibungen. Wie Anselm fühlt sich auch der Leser immer an der Grenze zwischen Realität und einer Traumwelt. Fakten bleiben dabei auf der Strecke. Oft weiß man noch nicht einmal, wo man sich befindet. Es ist nicht selbsterklärend, dass man in Deutschland landet, wenn man ein Schiff nach Amsterdam bestiegen hat. An vielen Stellen hätte ich mir ein klein wenig mehr Hintergrund gewünscht, selbst wenn das nur der Rahmen für Anselms Selbstfindungstrip ist.

„Orchis“ ist ein sehr eigenes Buch, poetisch, aufwühlend und ein bisschen verrückt. Man muss sich für poetische Sprache begeistern können, um es zu mögen. Für nüchterne Gemüter ist es nicht geeignet.
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