Cover des Buches Orchis (ISBN: 9783218011044)
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Rezension zu Orchis von Verena Stauffer

Der Jäger jagt sich selbst....

von Miamou vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Eine bemerkenswerte Reise für alle Sinne...

Rezension

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Miamouvor 6 Jahren
Mit „Orchis“ legt Verena Staufer ihren Debütroman vor und kann damit mehr als überzeugen. Sie schickt dabei Anselm, einen Wissenschaftler und Botaniker, nach Madagaskar um eine besondere Orchidee zu finden. Als er diese endlich hat und sie auf dem Weg zurück nach Europa verliert, verfällt er in eine Art Wahn und spürt eine Orchidee aus seiner Schulter wachsen. Zurück in seiner Heimat wissen sich seine Eltern nicht anders zu helfen, als ihn in eine Heilanstalt zu geben. Dort scheint er sich schnell zu erholen und seiner wissenschaftlichen Karriere steht offenbar nicht mehr im Weg. Doch entscheidende Faktoren, die sich nahezu in Anslems Forschung einmischen, sind die politischen Umbrüche und die vielen wissenschaftlichen Neuerungen, die namentlich von Darwin ausgehen.

Gleich von der ersten Seite an, ist es der Autorin gelungen mich als Leserin in ihren Bann zu ziehen und mich auf eine Reise mitzunehmen, die – ja – sinnlich ist. Sie verwendet eine sehr wortgewaltige Sprache, die einem in das ferne Madagaskar mitnimmt, aber auch das Europa vergangener Jahre näher bringen kann. Die Autorin beschreibt die Schauplätze detailgetreu, opulent und üppig. Zu Beginn mag man daher vielleicht den Eindruck kriegen, dass sich die eigentliche Handlung hinter der Sprache versteckt, jedoch durfte ich dann sehr schnell erkennen, dass die Sprache der Handlung in jeder Weise zuträglich ist. Die Autorin spielt mit den Worten und ihr Schreibstil hat etwas sehr Poetisches und manches Mal etwas extrem Anrühriges. Das Buch lebt von der intensiven Sprache und gleichzeitig auch davon, dass die Autorin viele Themen in kürzester Zeit bearbeiten konnte.

Sie greift Themen auf, die zur damaligen Zeit aktuell waren (Aufenthalt in geschlossenen Anstalten und die Therapieformen), aber auch solche, die auch für unsere Zeit noch Bedeutung haben (wie etwa Umweltschutz). Um das Buch zu verstehen, muss man sehr konzentriert lesen und oft auch zwischen den Zeilen. Oft gibt es Nebensätze, die aber eine gewichtige Bedeutung haben bspw. wenn es darum geht, in welcher Zeit die Handlung spielt.

Anselm als Hauptcharakter wirkt wenig sympathisch. Er lebt sein Leben wie in einer Blase und lässt kaum andere Meinungen zu. Gleichzeitig wirkt er dadurch aber sehr getrieben, was für mich dadurch herauszulesen war, dass die Handlungsstränge oft sehr schnell von einem zum nächsten Thema hüpften, besonders dann, wenn man sich als Leser in Anselms Blase befindet. Mitunter macht er sich auch über Menschen lustig, die nicht seine Ansichten teilen. Als er sich dann am Ende des Buches auch noch überstürzt nach China aufmacht, hat er sich dann für mich vollends verloren. Ohne Zweifel oder Selbstkritik läuft er einer Orchidee hinterher, die es gar nicht gibt. Das Ende lässt dann einige Lesarten zu. Es bleibt offen und dann doch auch wieder nicht.

Alles in Allem war für mich das Lesen von „Orchis“ eine Reise für alle Sinne. Ich hoffe auf viele weiter Bücher dieser Autorin, die mich ganz speziell mit ihren wunderbaren Schreibstil aber auch mit den Einblicken in die Seele eines getrieben Geistes überzeugen konnte.
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