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Liane-von-Z

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Cover des Buches Hamburg - Beschreibung einer Stadt Gesamtausgabe (ISBN: 9783941535084)

Bewertung zu "Hamburg - Beschreibung einer Stadt Gesamtausgabe" von Jonas Ludwig von Heß

Hamburg - Beschreibung einer Stadt Gesamtausgabe
Liane-von-Zvor 10 Jahren
Hamburg - Politische und historische Beschreibung einer Stadt

Unlängst wurde erstmals nach über 200 Jahren das hochgelobte und von der Wissenschaft als bedeutend eingestufte literarische Werk „Hamburg – politisch, historisch und topographisch beschrieben“ von Jonas Ludwig von Heß neu herausgegeben. Dieses Ereignis hat in Hamburg bei Medien und Kulturinteressierten keine Beachtung gefunden, mich aber veranlasst, mich wieder mit dem Autor zu befassen. Der ist heute weitgehend vergessen, obwohl er anerkanntermaßen zu den herausragenden Persönlichkeiten der Hamburger Geschichte zählt. Ich selbst erinnere mich an ihn, weil er während des Übergangs vom 18. zum 19. Jahrhundert ein viel zitierter Mann gewesen ist. Wer sich mit dieser Zeit beschäftigt, kommt nicht an ihn vorbei. Es war die Periode der Klassik in Deutschland und alles, was zur Literatur gehörte, hatte ernst und tiefsinnig zu sein.

Heß ist in seinen Werken ernst, wenn er es für angebracht gehalten hat, humorvoll bzw. witzig an den richtigen Stellen und immer tiefsinnig. Zeitgenossen haben ihn als „geistreichen Literaten“ bezeichnet. Auch aus diesem Grund ist es merkwürdig, dass man ihn heute im sogenannten Land der Dichter und Denker und in der Stadt, der er auf vielfältige Art gedient und für die er nicht nur mit der Feder gekämpft hat, schnell und bedenkenlos übergeht.

Jonas Ludwig von Heß hat mit seinen Büchern nicht zur Volksbelustigung beigetragen, nie ist er ein Autor der breiten Masse gewesen. Seine Leser gehörten zum gebildeten Bürgertum, zur intellektuellen Oberschicht. Es sind vermutlich gesellschaftliche Gruppen, die es heute nicht mehr gibt. Heß hatte sich in seinen Werken zur Bürgerrepublik in Gestalt der Freien Reichsstadt bekannt, wovon alle bis auf vier von fürstlichen Nachbarn geschluckt worden waren. Ein Erinnern an die verlorene Unabhängigkeit und Freiheit war im monarchistisch geprägten 19. Jahrhundert nicht erwünscht und folgsam entfernte sich seinerzeit das Bürgertum von solchen Gedanken. In diesem Klima konnte das Pflänzchen Jonas Ludwig von Heß nur verkümmern.

Ein kleiner Verlag hat sich jetzt an die Mammutaufgabe herangewagt, das dreibändige Hauptwerk von Jonas Ludwig von Heß zu bearbeiten und unter Verwendung von umfangreichem, von Heß hinterlassenem Material neu herauszubringen. Der Titel „Hamburg – Beschreibung einer Stadt“ dient der respektvollen Unterscheidung von den historischen Ausgaben.

Was nun vorliegt, ist inhaltsschwer. Hamburg wird nicht nur detailliert beschrieben, es ist ein Blick in eine andere Welt, die es so nicht mehr gibt. Diese Stadt ist im Brand von 1842 in Asche gesunken. Auch wenn es viele Straßen und Gebäude nicht mehr gibt, hat Heß zahlreiche Begebenheiten aus der Vergangenheit vor dem Vergessen bewahrt. Aus der Vielzahl der Anekdoten hier eine Auswahl. Heß erzählt von:

      -          den Inhaftierten beiderlei Geschlechts, die in der Frohnerei, dem Haus des   Henkers, dahinvegetiert haben. Es sind nicht wenige gewesen, die man hier auf engstem Raum oft für Jahre angekettet hat.

      -          Lehrjungen der Schornsteinfeger, die im Chor von den Dächern herab, die Schläge des Büttels,  die für den Rücken eines Verurteilten bestimmt gewesen sind, laut mitgezählt haben. Er berichtet, was dahinter gesteckt hat.

      -          den tatsächlichen Ereignissen um die Gefangennahme und Hinrichtung Störtebekers, von Legende und Wahrheit.

Heß erinnert an mysteriöse Vorfälle, die nie aufgeklärt werden konnten. So fiel während der Hinrichtung eines untreuen Ratskämmerers plötzlich ein Schuss. Ein junger Mann aus der Zuschauermenge stürzte tödlich getroffen nieder, gleichzeitig entfernten sich die Hufschläge eines davongaloppierenden Pferdes. Der Erschossene war der Sohn des Senators Peter Röver. Der Mörder wurde nie entdeckt und man vermutete, dass es sich um eine Tat aus Eifersucht gehandelt haben könnte … Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen:

      -          Henker Valtin Matz hat ein weiches Herz. Verspürt er Mitleid mit Verurteilten, wird seine Hand unsicher. Als wieder einmal erst beim dritten Hieb der Kopf fällt, empören sich die Zuschauer. Sie bestürmen die Richtstätte, um den miserablen Henker zu töten, doch es gelingt Stadtsoldaten, ihn in Sicherheit zu bringen. Valtin Matz verliert sein Amt, wenig später ist er zurück. Weil er meint, sich gut in der Anatomie auszukennen, bietet er in der Stadt seine Dienste an – als Arzt und Chirurg …

      -          eine Prinzessin nimmt ihren Wohnsitz in Hamburg, führt ein zurückgezogenes Leben. Unbemerkt von der Öffentlichkeit heiratet sie heimlich – einen evangelischen Pfarrer. Für den Fall ihres Todes besorgt sie sich eine Gruft unter einer Kirche. Als sie stirbt, beginnt der Streit ums Erbe. Im Sarg liegend, bleibt ihre Leiche jahrelang im Flur ihres Hauses stehen …

      -          im Winter, bei fürchterlicher Kälte, wird ein Missetäter gehenkt. Als man in der Nacht die Leiche vom Galgen nimmt, ist sie steif gefroren. In der warmen Stube kommt der Hingerichtete wieder zu sich …

      -          Scharfrichter Stoeff soll einen Kopf abschlagen, doch er trifft schlecht, haut dem Verurteilten nur die Schädeldecke herunter …

      -          der Vogt auf der Nordseeinsel Neuwerk, der gegen Seeräuber vorgehen soll, wird selbst zum Piraten. Mit seinen Knechten überfällt er ein Schiff, lässt die gesamte Besatzung töten und die Wertsachen rauben. Im Laderaum aber hatte sich ein junges Mädchen versteckt, das ans Ufer und nach Ritzebüttel gelangt. Durch sie erfährt der dortige Amtmann vom Vorfall. Es werden Bewaffnete ausgeschickt, um die Räuber dem Henker zuzuführen …

Begebenheiten aus tausend Jahren hat Heß zusammengetragen und mit der Beschreibung der Örtlichkeiten verwoben. Jede von ihnen, gleichgültig ob kurz oder umfangreich, ist der Wirklichkeit entnommen. Die Geschichten ranken sich um altehrwürdige Gemäuer und ihre oft merkwürdigen Bewohner. Dazu gehören auch das Zuchthaus, die Verwahrorte für Arme und Waisen und der Krankenhof, wo Dahinsiechende, Wahnsinnige und Kranke untergebracht sind. Wie man seinerzeit mit diesen umging, lässt den heutigen Leser nicht kalt, so unvorstellbar ist manches.

Die Informationen, die diese drei Bände enthalten, ersetzen eine ganze Bibliothek. Die Fülle der Fakten überwältigt, doch das Lesen bleibt ein kurzweiliges Vergnügen, bedingt durch den Schreibstil des Herrn von Heß. Dieser Stil war es, durch den er sich zur Goethezeit die Anerkennung der Literaturwelt erarbeitet hat. Der Text kommt unerwartet leicht daher, ist flüssig geschrieben und aufgelockert mit heiteren, ja witzigen Passagen. Nicht nur hier beweist Heß, dass man ihn als einen modernen Autor zu sehen hat. Sein Humor wirkt nie altbacken, auch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, er hätte Teile seines Werks für die heutige Zeit geschrieben.

Cover des Buches Nicht immer ist es Mord (ISBN: 9783941535039)

Bewertung zu "Nicht immer ist es Mord" von Martin Mrosk

Nicht immer ist es Mord
Liane-von-Zvor 10 Jahren
Strafrecht auf den Punkt gebracht

Eine nahe Verwandte wollte nach dem Abitur ein Studium beginnen, konnte sich aber nicht zwischen BWL und Jura entscheiden. Bei Jura schreckte sie die Vielzahl der Paragrafen, die man kennen muss, auch glaubte sie in allem, kein System erkennen zu können. Nachdem sie „Nicht immer ist es Mord“ gelesen hatte, war die Entscheidung gefallen und sie begann, Jura zu studieren. Das Buch hatte wohl geholfen, ihre Bedenken zu zerstreuen, denn sie entdeckte einen roten Faden, der sich in der Bewertung durch die verschiedenen Tötungsdelikte zieht. Das Buch ist gut verständlich geschrieben und klar strukturiert. Durch Fallbeispiele kann sich auch ein Nicht-Jurist das strafrechtliche Denken aneignen. Man wird in die Lage versetzt, ein Tötungsdelikt durch die Augen eines Staatsanwaltes, Verteidigers und eines Richters zu sehen.

Der konkrete Unterschied zwischen Mord, Totschlag, fahrlässiger Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge wird erklärt, auch wird dargelegt, weshalb es Straftaten wie Polizistenmord, Ehrenmord, Massenmord, Kinds- oder Tyrannenmord gar nicht gibt und wie diese Konstellationen in der Systematik des StGB unter den einheitlichen Mordtatbestand mit seinen neun möglichen Mordmerkmalen fallen und bestraft werden können.

Liane von Z.

Cover des Buches Der Dunkelgraf und der Schatten einer Frau (ISBN: 9783941535046)

Bewertung zu "Der Dunkelgraf und der Schatten einer Frau" von Reinhard Mrosk

Der Dunkelgraf und der Schatten einer Frau
Liane-von-Zvor 10 Jahren
Packendes Historiendrama - Zeitreise erfahren

Vor kurzem wurde in Thüringen im Beisein zahlreicher Reporter von Presse, Funk und Fernsehen ein Grab geöffnet. Man wollte Material für eine DNA-Analyse entnehmen, um zu klären, ob hier die sterblichen Überreste einer französischen Prinzessin ruhen. Es gibt Vermutungen und wohl auch Hinweise dafür, dass es sich dabei um die Tochter von Ludwig XVI. und Marie Antoinette handeln könnte, die beide in den Wirren der Französischen Revolution durch die Guillotine den Tod gefunden haben. Das Mysteriöse der Geschichte hat mich angezogen und ich bin auf die Legende von Dunkelgraf und verschleierter Dame aufmerksam geworden. Das Reizvolle daran ist, dass es sich hier nicht um Geburten der Fantasie oder Spinnerei handelt, denn alle beteiligten Personen haben tatsächlich gelebt. In diesen Tagen erschien der Roman „Der Dunkelgraf und der Schatten einer Frau“ von Reinhard Mrosk, der sich auf beeindruckende Weise des genannten Themas annimmt, und den ich nicht übersehen konnte.

Der erste Abschnitt des Romans ist konventionell gestaltet. Es geht um die Ankunft einer geheimnisvollen Person in einer kleinen Residenzstadt, lokalen Begebenheiten und wie Amtspersonen mit einem Komplott gegen den Ankömmling scheitern. Es gibt witzige Passagen, doch man spürt, dass sich unterschwellig etwas zusammenbraut, auch wenn man nicht durchschaut, worum es eigentlich geht. Es wird spannend.

Dann ist es, als würde ein Tor aufgestoßen und der Leser gerät in einen Strudel von Ereignissen. Er befindet sich plötzlich inmitten bedeutender Ereignisse. Eine Prinzessin wird geboren – vor zahlreichen Zuschauern, die als Zeugen oder aus Neugier dem „Schlüpfen“ beiwohnen. Spätestens ab hier wird der aufmerksame Leser von Emotionen und Gedanken hin- und hergerissen. Er wird zum Begleiter eines jungen Holländers auf seinen Schritten durchs Leben, er erlebt mit, wie sich seine Persönlichkeit, sein Charakter und seine politischen Anschauungen entwickeln. Vor dem geistigen Auge des Lesers entsteht ein großartiges historisches Gemälde. Dabei wird nichts erklärt, alles ergibt sich aus der Handlung, zu der auch die Französischen Revolution gehört.

Bei Büchern, die in dieser Zeit spielen, erkennt man meist schnell, welchen politischen Ansichten der Autor folgt. Der Roman „Der Dunkelgraf und der Schatten einer Frau“ aber ist anders, es ist eine sachliche Darstellung der Vorgänge. Der Autor enthält sich jeder Bewertung, überlässt es dem Leser, sich eine Meinung zu bilden. Auch habe ich in diesem Buch die ehrlichste Darstellung Ludwigs XVI. gefunden, die ich bisher gelesen habe. Überfordert von den Ereignissen wird er von diesen überrollt. Er landet mit seiner Familie im Kerker, erlebt seinen Prozess und endet auf dem Schafott. Dabei bedient sich der Autor einer geschliffenen, gut lesbaren Sprache, selbst komplizierte Zusammenhänge erschließen sich dem Leser, ohne dass er eine Ablenkung spürt und im Lesefluss gebremst wird. Man liest Sätze von shakespearescher Lebensnähe, innerer Dramatik und Gedankentiefe. Wie mit einem Skalpell aus Eis seziert der Autor Vorkommnisse einer Epoche, beschreibt mit wenigen Worten schwer Erklärbares. Dabei geht nichts von der Spannung verloren, denn der Leser ist längst gefangen von der Handlung.

Wie der Dunkelgraf und die Dame aufeinandertreffen, was sie gemeinsam erleben, ihre Begegnungen mit Persönlichkeiten der Geschichte – man glaubt dem Autor, dass es so gewesen ist, zumindest, dass sich alles mit großer Wahrscheinlichkeit so abgespielt haben muss. Jedes Detail scheint zu stimmen. Auch die Opernaufführung der Zauberflöte in Bartenstein, in der Prinzen die Hauptrollen übernommen haben, ist historisch belegt, genau wie die im Buch beschriebenen Einsätze des Regiments der Herzöge von Sachsen, das für Napoleon in Tirol, Spanien und Russland kämpfte und mehrmals fast vollständig vernichtet worden ist. Mir ist kein Buch bekannt, wo über diese militärischen Abenteuer, bei denen 4.000 Soldaten aus Thüringen den Tod gefunden haben, berichtet wird.

Ein wichtiger Abschnitt des Romans beschreibt das Zusammenleben von Dunkelgraf und Dame im Schloss von Eishausen. Einfühlsam und nachvollziehbar werden die Charakterbilder der beiden analysiert. Hier beweist der Autor psychologisches Feingefühl. Während die Dame ein zurückgezogenes Leben führen möchte, bemüht sich der Graf, sein Leben sinnvoll zu gestalten. Doch die Möglichkeiten sind begrenzt, denn er lebt fast ohne Kontakt zur Außenwelt. Alles ist wie auf einer abgelegenen Insel, fern jeder Küste.

Die letzten hundertfünfzig Seiten habe ich gelesen wie im Rausch, es war mir nicht möglich, das Buch aus der Hand zu legen. Ich weiß nicht, wann mir das zuletzt bei einem Buch so ergangen ist. Alle, mit denen ich über dieses Buch gesprochen habe, gaben zu, dass sie am Ende den Tränen nahe waren, ohne weinerlich veranlagt zu sein. Der Grund dafür ist wohl, dass man mit solch einer Intensität von der Handlung gefesselt wird, darüber alles um sich herum vergisst. Das allein sagt etwas aus über die literarische Qualität dieses Werkes. Als ich das Buch letztmalig zuschlug, war ich regelrecht ausgebrannt, überwältigt. Es ist nicht wenig, was in diesem mehrschichtig angelegten Roman gleichzeitig auf den Leser einströmt …

Über mich

Liane-von-Z ist ein Mysterium. 🕵️‍♂️

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