Rezension zu "Die Punkte nach dem Schlussstrich" von Laura Lackmann
- "Wahrscheinlich sind alle Frauen überhaupt nur mit Männern zusammen, weil sie einem Trend folgen, den irgendeine mal angefangen hat und der sich hartnäckig hält wie der Bikini." - Zitat Seite 38/39
Man kann wirklich nicht behaupten, dass unsere Romanheldin Luzy besonders up to date ist, denn sonst hätte sie vermutlich irgendwann einmal das Wort "Emanzipation" aufgeschnappt. Eventuell sogar samt der dazugehörigen Bedeutung. Das ist anscheinend nicht der Fall, denn Luzy ordnet sich jedem Mann bedingungslos unter, was diesen Roman zum reinsten Verkehrsunfall werden lässt: Tragisch, aber man muss einfach hinsehen bzw. weiterlesen.
- "Der Übergang von dem Hobby Apollo zum Beruf war schleichend. Schon bald hatte ich alles, was ich zu bieten hatte, vorgeführt, und falls etwas fehlte, erfand ich es einfach. Apollo kannte nach einiger Zeit sehr viel von mir oder zumindest alles das, was ich für ihn sein wollte." - Zitat Seite 43/44
Die Zitate lassen schon darauf schliessen, dass Luzy nichts von der Liebe versteht aber alles dafür gibt. Obwohl man als Leser ständig den Eindruck hat, dass sie selber die Männer auch nicht liebt, dass sie nur nicht allein sein kann. Und so reibt sie sich erst für Apollo auf und übernimmt dessen sämtliche Hobbys, landet dann im fliegenden Wechsel beim 20 Jahre älteren Peter und wird für ihn so, wie er sie haben will, lässt sich belügen und betrügen, nur um nicht allein dazustehen. Und reisst schließlich Jonas auf, ohne den sie auch nicht mehr leben kann. Glaubt sie.
- "Ich kiffe eigentlich schon lange nicht mehr, seit Apollo nicht. Peter hat lieber gekokst und Jonas gesoffen.
Ich habe - wen überrascht es - meinen Drogenkonsum immer nach meinem aktuellen Freund gerichtet, denn ich hab ja nix Eigenes." - Zitat Seite 64
Luzy ist völlig gestört und das weiss sie auch. Sie sagt sich selber sogar immer und immer wieder, dass ihr Verhalten nicht normal ist, handelt dann aber doch jedesmal wie im Zwang, hängt mit einer hündischen Ergebenheit an den Männern und verrät dabei sich selber.
Aus einer reichen aber kaputten Familie kommend, hat sie so viel Geld, dass sie nicht arbeiten muss, was dazu führt, dass sie es auch nicht macht und somit zu viel Zeit hat. Zeit, in denen die Gedanken sich nur um die aktuelle Hauptperson - den Mann - in ihrem Leben drehen. Zeit, die sie damit verbringt, auf Abruf bereit zu stehen und sich zum Affen zu machen.
Ja, das Thema dieses Romans ist ziemlich traurig und schockierend und man fragt sich mehrmals, warum keiner der Protagonisten Luzy in ihrem Männerwahn stoppt? Warum sie gerade durch ihre Mutter, den ehemaligen Pornostar, auch noch in ihrem kranken Verhalten unterstützt wird?
Ein heikles Thema, aber in einer solchen Menge Wortwitz verpackt, dass man geradezu durch die Seiten fliegt. Man kann Luzy nicht leiden und bemitleidet geradezu ihren jeweils aktuellen Freund, der sich rund um die Uhr betüdeln lassen muss, aber die Autorin hat es geschafft, den Leser zu packen und Luzys Geschichte mit einem gewissen Voyeurismus verfolgen zu lassen.
....bis zum letzten Drittel. Hier ist plötzlich Schluss mit dem Zynismus und der Schnodderigkeit und man bekommt das Gefühl, dass Frau Lackmann die Luft ausgegangen ist. Ab hier zieht sich der Roman, dreht sich im Kreis, wiederholt sich und präsentiert dann ein absolut offenes Ende.
Dachte ich in der Mitte von "Die Punkte nach dem Schlussstrich" noch, dass gleich das erste Buch im neuen Jahr ein Volltreffer wäre, wurde ich nun leider in meiner Euphorie ausgebremst. Sehr schade, denn die Autorin hat ja zu Anfang bewiesen, dass sie es kann.
MEIN FAZIT lautet hier: Starker Anfang mit einem leider sehr schwachen Ende.