Rezension zu "Der Hodscha und die Piepenkötter" von Birand Bingül
Von der ersten Begegnung an herrscht Abneigung zwischen dem neu eingetroffenen muslimischen Gemeindevorsteher Nuri Hodscha und der konservativen Bürgermeisterin Ursel Piepenkötter einer nicht näher bestimmten deutschen Kleinstadt. Und dies hat nicht nur religiöse, sondern auch persönliche, sowie machtpolitische Gründe. Nuri spricht gleich zum Amtsantritt den Gedanken an den Neubau eines eigenen würdigen Gotteshauses, d.h. einer Moschee aus und stößt damit auf wenig Gegenliebe bei Frau Piepenkötter, die vor allem auch innerparteilich die an der rechten Seite Strebsamen klein halten möchte. Doch das bleibt nicht der einzige Zankapfel zwischen den beiden. Ein großes, frisch aufgestelltes Kreuz an der Einfahrt zum bisherigen Versammlungsraum der muslimischen Gemeinde wird als klare Provokation gedeutet und weckt deren Abwehrmechanismen.
Nächtliche Treffen zwischen dem Hodscha und der Piepenkötter laufen heimlich in einer Gartenlaube ab und sind von wortgewaltigen Streitgesprächen geprägt, bei denen man keine Chance auslässt, das Gegenüber in schlechtem Licht erscheinen zu lassen oder direkt dort hinein zu zerren. Kein Mittel ist zu fies oder hinterhältig, um sich einen Vorteil zu verschaffen.
Im Schlagabtausch spannen die beiden Streithähne auch ihre Kinder ein. Hülya, die Tochter des Hodschas und Patrick, der Sohn der Bürgermeisterin gehen zufälligerweise in die gleiche Klasse. Beide müssen aus unterschiedlichen Gründen auf den zweiten Elternteil verzichten. Dass die zwei Jugendlichen mehr als nur oberflächlichen Gefallen an sich finden, verkompliziert die Sache noch.
Der trinkfreudige Lokalreporter ist ständig auf der Suche nach der nächsten Schlagzeile und da kommt ihm das Kräftemessen zwischen Okzident und Orient gerade recht. Die Wiederwahl zur Bürgermeisterin steht an, der Countdown läuft, die Nerven liegen blank…. Und auch bei den Kapiteln wird zurück gezählt.....
Der Schalk sitzt im Nacken des Hodschas und zwischen den Zeilen dieses erquicklichen Buches zum Thema Völker(miss-)verständigung. Die Anlehnung an den Klassiker aus Italien sind nicht zu leugnen. Die Zwiegespräche zwischen Nuri und Allah dürfen dabei natürlich auch nicht fehlen. Die Figuren sind wunderschön überzeichnet. Die Dialoge pfiffig, mit guten Einfällen und überraschenden Wendungen.
Fazit: Ein Feuerwerk der Böswilligkeiten; ich hatte großen Spaß daran.