Bewertung zu "Phantasmen des Erinnerns" von Pola Polanski
REZENSION zu "PHANTASMEN DES ERINNERNS" von POLA POLANSKI
August 2023
Es ist ein schlankes Buch, mit dem Pola Polansiki eine Tür in das "Land der Zeit" aufstößt,
in "Die Phantasmen des Erinnerns", und dazu einlädt, eine Weile lang mit ihr darin ihm
umherzuwandern.
Zunächst schlendert sich dort, in diesem Garten der "Zer-Phaserungen" recht angenehm
und man blickt, ab und an sogar amüsiert, auf die zwar nicht unbedingt schönen, aber
eben doch in ihrer Art reizvollen Invasivgewächse alltäglicher Widrigkeiten. Sie
entspringen hier einem vitalem Stil, mit dem die Autorin es fertig bringt, selbst aus Dornen
und Disteln ein blühendes Arangement zu kreieren. Schon will man sich genü.lich an
einem Platz mit bester Aussicht niederlassen und meint mit der Gliederung von Zeit in klar
begrenzte Abschnitte, eine verlässliche Kartierung des Geländes in Händen zu halten.
Doch dieser Eindruck täuscht!
Wohl hat die Autorin die Etappen des Weges sauber verzeichnet, aber "das Land der Zeit"
ist kein Land der Märchen, in dem wunderschöne Feen auf sonnendurchfluteten
Lichtungen tanzen. Es ist vielmehr die Heimat des Schiksals und von seinen Höhen und
Tiefen aus, holt es Jede und Jeden von uns ein. Oder heim? Diese Frage stellt sich einen
letztlich, wenn man Pola Polansiki durch die Phasen ihres Lebens begleitet, die sie immer
wieder und wieder schafft, in einer Art stilistischen Widerlegungtheorie
zusammenzufassen, einer Evidenz, deren Kern, deren Stammzelle es ist, aus der eigenen
Kraft, der eigenen Stärke heraus, allem Auf und Ab zu widerstehen, um am Ende das
wunderschöne Edelweiß der Kreativität frisch auszusäen.
Je weiter man wandert desto besorgter wird man um diese Pflanze, desto mehr bangt man
um deren Unversehrtheit und Wachstum. Denn das gewohnt anmutende Gelände hat sich
zu einem undurchdringlich erscheinenden Labyrint aus Zeitspannen verzweigt, die
fließend ineinander übergehen, so dass man sich nicht sicher ist, ob man an einer Quelle
oder an einem Delta steht; ob was da schimmert, fester Boden ist oder Sumpf. Kaum
meint man festen Boden gewonnen zu haben, treffen schwere Schläge nicht
vorhersehbarer Unwetter die Orte von Sicherheit und Gewißheit und zerschlagen sie. Aber
das "Land der Zeit" ist verwunderlich. Gerade wenn man alles verloren wähnt,
regenerieren sich die Energien der Autorin, nicht zuletzt in Form erfrischender
Selbsterkenntnis, neu.
Immer, durch alle verschlungenen Pfade der Labyrinte des Lebens hindurch, hält sie dabei
diese wunderschöne Pflanze der Kreativität in fester Hand, wie ein Licht. Aber das
bedeutet auch, bis in die tiefsten Tiefen des Selbst durchwurzelt zu sein. Und Pola
Polanski gelingt es, dass alle schiksalhaften Momente in ihr zur Reife keimen. Daher ist es
auch ein Ort der Klarheit, an welchem sie einen letztlich führt. Der Ort, an dem alles
zerbricht, zu einer Analogie. Man sieht den Zerfall der in den Nebeln der Demenz
entschwindenden Mutter wie durch ein umgedrehtes Fernglas in scheinbar unsinnigen
Wortreihen gespiegelt, die aber tatsächliche Reflexe sind, auf dem Meer der
Verbundenheit von Leben und Tod.
Dort endlich, an seinem Ufer kommt man an, kommt heim und man muss, aller
Unbequemlichkeit zum Trotz, lächeln und sich erfreuen: denn man erblickt in den Dünen
aus "Phantasmen des Erinnerns" eine vitale und starke Frauengestalt, die unverwüstbar
winkt, mit einem Licht im Dunkeln, das strahlt und , wie eine Blume, wächst. Aus ihrem
Innern heraus.
von © SP (Silvia Pfenninger)