Obwohl prozentual die Relation zwischen „versorgten“ und „hungernden“ Menschen sich seit 1960 deutlich verringert hat (von 37% auf 14,6%) ist dies in keiner Weise ein Argument oder ein Anlass zur Entspannung auf Seiten der reichen und versorgen Gesellschaften. Denn in absoluten Zahlen stellt sich die Frage des Hungerns, wie Datta eindrücklich darlegt, sehr viel negativer dar. Fakt ist, dass in der Gegenwart deutlich mehr Menschen auf dieser Welt Hungern als noch vor 20 Jahren.
„Jeden Tag stirbt (verhungert) eine Kleinstadt“.
Zahlen, die verdeutlich, dass die hehren Ziele der UN-Vollversammlung offenkundig nicht erreicht werden können. Und das liegt nicht an der Hilfe der Geberländer. Sondern ist politisch-systemisch bedingt, wie Asit Datta fundiert und sehr lesenswert im Buch minutiös darlegt. So stellt sich dieses Buch im Kern als ein sachlich argumentiertes und durchaus drängendes Plädoyer für eine erkennbare Politikänderung dar, nicht unbedingt als ein Bettelbrief oder Hilferuf für mehr finanzielle Mittel.
Nicht nur also in den Wellen der Finanzkrise an den Börsen, Arbeitsmärkten oder im Blick auf drängende Staatsverschuldungen im Westen, sondern auch ganz direkt, lebensgefährdend, zeigen sich die Auswirkungen der fast rahmen los gewordenen Liberalisierung der Wirtschaft mit ihren Auswirkungen auf das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Reich und Arm im Blick auf die „unterste Milliarde“ Menschen auf der Welt.
Wobei Datta in seiner breiten und sachlichen Vorgehensweise natürlich in keiner Weise die „hausgemachten“ Probleme, die Korruption, die Misswirtschaft, die bewaffneten Konflikte als Mitverursacher eines „einfach nicht besser werdenden“ Zustandes verschweigt.
In seinem Kapitel „Wer hungert und warum“ liest sich seine Bestandsaufnahme durchaus aufrüttelnd, nennt er Ross und Reiter und führt an, das meistens „Nahrungsmittelmangel selten die Ursache für Hunger ist“. Sondern jene sich immer stärker ausprägenden Formen der Ungleichheit in Bezug auf die Geschlechterfrage, den Handel, die Nutzung von Ressourcen, den, wie Datta prägnant formuliert, „Klassenkampf von oben“, der die moderne Welt mehr und mehr sichtbar prägt. Zumeist ohne Skrupel oder Rücksicht. Mit den, auch dies hoch interessant zu lesen, „heimlichen Herrschern der Welt“, die Datta stellvertretend anhand der Weltbank, der WTO und des Internationalen Währungsfonds darstellt.
Nicht nur nebenbei oder kurz, sondern ebenso sachlich und ausführlich wie seine Analyse bietet Datta in den letzten beiden Kapiteln des Buches Lösungsansätze an, Notwendigkeiten, wenn man den Hunger auf dieser Welt tatsächlich aktiv bekämpfen möchte.
Wie eine Nachhaltigkeit sich strukturieren könnte ist dabei der eine Schwerpunkt („Green Economy“, wie dann auf den verschiedenen Stationen von der individuellen Ebene bis hin zur globalen Ebene Handlungen vollzogen werden können ist der zweite Schwerpunkt, den Datta dem Leser mit an die Hand gibt. Und damit auch den Leser selbst aufruft. Eine Verlagerung im Sinne eines „ich als einzelne Person kann ja doch nichts tun“ lässt Datta dabei nicht um sich greifen.
Alles in allem ein sehr sachliches, klares und strukturiert argumentiertes Buch, dass den Zustand des Hungers auf der Welt, dessen Ursachen und die, für eine Bekämpfung notwendigen, Veränderungen verständlich und nachvollziehbar vor Augen führt.