Ulrich Schacht

 4,4 Sterne bei 11 Bewertungen
Autor*in von Grimsey, Notre Dame und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Ulrich Schacht wurde 1951 im Frauengefängnis Hoheneck geboren und wuchs in Wismar auf. 1973 in der DDR wegen „staatsfeindlicher Hetze“ zu sieben Jahren Freiheitsentzug verurteilt, wurde er 1976 in die Bundesrepublik entlassen. Dort arbeitete er als Feuilletonredakteur und Chefreporter Kultur für Die Welt und Welt am Sonntag. Schacht erhielt verschiedene Preise, Auszeichnungen und Literaturstipendien, u. a. den Theodor-Wolff-Preis für herausragenden Journalismus. Er galt als ein streitbarer Publizist, der sich nicht Konventionen, sondern einer humanistischen Tradition verpflichtet fühlt. Ulrich Schacht starb 2018. Zuletzt bei Aufbau: „Vereister Sommer“ (2011) und „Grimsey“ (2015).

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Ulrich Schacht

Cover des Buches Grimsey (ISBN: 9783746633015)

Grimsey

 (7)
Erschienen am 17.02.2017
Cover des Buches Notre Dame (ISBN: 9783351035860)

Notre Dame

 (3)
Erschienen am 17.02.2017
Cover des Buches Hohenecker Protokolle (ISBN: 9783931801670)

Hohenecker Protokolle

 (1)
Erschienen am 15.12.2009
Cover des Buches Schnee fiel in meinen Schlaf (ISBN: 9783942955850)

Schnee fiel in meinen Schlaf

 (0)
Erschienen am 25.08.2021
Cover des Buches Verrat. Die Welt hat sich gedreht (ISBN: 9783887471675)

Verrat. Die Welt hat sich gedreht

 (0)
Erschienen am 01.08.2001
Cover des Buches Mein Wismar (ISBN: 9783550067150)

Mein Wismar

 (0)
Erschienen am 01.06.1997

Neue Rezensionen zu Ulrich Schacht

Cover des Buches Notre Dame (ISBN: 9783351035860)
HEIDIZs avatar

Rezension zu "Notre Dame" von Ulrich Schacht

Torben in Paris und vieles mehr ...
HEIDIZvor 6 Jahren

Die Geschichte spielte ende des Jahres 1991. Wir befinden uns in Paris und lernen den deutschen Journalisten Toben Berg kennen. Er befindet sich in Paris, da er Silvester nicht bei der Familie verbringen möchte. Die Tochter ist in sein Vorhaben eingeweiht, aber seine Frau weiß nichts davon. Mit Henrike war er vor etwas mehr als einem Jahr schon einmal in der Stadt, Henrike ist aber nicht seine Frau, die Ehe ist gescheitert, sondern eine Studentin aus Leipzig. Die beiden fühlten sich sehr zueinander hingezogen und es begann damals eine Liebe, etwas Besonderes. Dann aber kam alles anders ...  Dunkelheit !!!! Kann es wieder hell werden in Torben ???

Mehr als genial geschrieben, hat mich diese Geschichte gefesselt, auf eine ganz besondere Art gefesselt, nicht losgelassen und kurzweilig spannend intensiv unterhalten. Ich konnte mich sehr gut in die Charaktere eindenken und auch die Szenen sind extrem bildhaft und lebendig geschrieben. Es ist wohl eine Liebesgeschichte, die aber alles andere als kitschig vor dem Hintergrund der Wendezeit passiert. Sehr klug und einfühlsam konstruiert hat mich diese Geschichte zu 100 Prozent angesprochen und fasziniert. Es passt sich alles einander an und ergänzt sich perfekt.

Leseempfehlung !!!

Cover des Buches Grimsey (ISBN: 9783746633015)

Rezension zu "Grimsey" von Ulrich Schacht

Ulrich Schacht | GRIMSEY
Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren

INHALT: Dieses Zitat, das sich wie ein Kehrreim durch die Novelle zieht, gibt einen Lebenswunsch des Ich-Erzählers wieder. Dieser Mann, dessen Name ungenannt bleibt, ist ein Inselsammler, ein ewig Reisender auf der Suche nach seiner seelenverwandten Insel, die er mit Grimsey, einem kleinen Fels im Meer nördlich von Island, gefunden zu haben scheint. Er hat nur ein paar Stunden Aufenthalt um die karge Insel zu erkunden, und die Eindrücke, die er dort sammelt, lassen ihn an viele Stationen seines Lebens zurückdenken. Doch erst auf der Fähre zurück nach Island erkennt er, wie sehr Grimsey das natürliche Gegenstück zu seiner eigenen Geschichte ist.

FORM: Ulrich Schacht (*1951) hat mit GRIMSEY einen sehr poetischen und leisen Text vorgelegt. Die Sätze sind kunstvoll verschachtelt, was den Lesefluss leider etwas hemmt; man muss sich auf die Geschichte schon einlassen und konzentriert dabeibleiben, dann spürt man eine große Kraft zwischen den Zeilen. Bemängeln könnte man die Steifheit des Textes; etwas mehr Humor hätte hier gutgetan … aber das ist Geschmackssache.

BTW: Schacht war Teilnehmer der LiteraTour Nord 2015/16, konnte sich mit GRIMSEY gegen eine starke Konkurrenz (u.a. Alina Bronsky und Ilija Trojanow) durchsetzen und gewann den Preis. Ich saß bei der Lesung im Publikum und fühlte mich angenehm unterhalten. Ulrich Schacht war locker und gewann schnell die Gunst seiner Zuhörer (was vielleicht auch zum Erfolg beigetragen hat).

FAZIT: Ebendiese Lockerheit vermisste ich beim Lesen der Novelle. Eine schöne Geschichte, tolle Metaphern und eine sehr intime Einsicht am Ende – aber im Ganzen dann (für meinen Geschmack) zu ernst. Vier Sterne.

*** Diese und viele weitere Rezensionen könnt Ihr in meinem Blog Bookster HRO nachlesen. Ich freue mich über Euren Besuch ***

Cover des Buches Grimsey (ISBN: 9783351036188)
pardens avatar

Rezension zu "Grimsey" von Ulrich Schacht

Sprachgewaltig...
pardenvor 8 Jahren

SPRACHGEWALTIG...

Ein Mann in der Mitte seines Lebens, ein Berichterstatter und Fotograf, der schon viele Regionen der Welt bereist hat, ein Inselsammler. Besonders die arktischen Inseln haben es ihm angetan, und so ist es nur konsequent, dass er mit seiner Kamera auch Grimsey aufsucht, eine winzige isländische Insel im Nordmeer am Polarkreis.


"Oh, sagte er, ich sammle Inseln, wenn Sie verstehen? Arktisinseln ganz besonders. Wow, rief der Mann, that's good, that's very good. But I hope you have enough room for them?! O ja, sagte er und legte die rechte Hand auf seine linke Brustseite." (S. 185)


Einen einzigen Tag wird der Mann, dessen Namen wir nicht erfahren, auf dem kargen Eiland verbringen. Was gibt es dort schon zu sehen? Eine kleine Kirche, in der sich Massen toter Fliegen befinden, ein wettergegerbter Friedhof, ein verlassener Leuchtturm, einige kleine Häuser, ein winziger Supermarkt - und die karge Natur, Fels und Gras und Möwen. Tote Möwen vor allem, die überall im Gras verteilt liegen, wie kleine Flecken weißen Schnees.


"Was wusste er von Grimsey und dem Leben hier? Daß die Insel eine Perle war, aufgezogen auf der Polarkreiskette, die dem ganzen Globus um den Hals hing. Daß es hier bedeutende Vogelkolonien gab. Daß ein Wikinger namens Grimur zur Landnahmezeit in ihrem südlichen Teil einen Hof gegründet und sich mit einer Reihe von Trollen und anderen nordischen Gespenstern herumgeschlagen hatte, weil das Eiland bis zu seiner Ankuft ihr Quartier gewesen war, das sie nicht verlassen wollten. Sonst nichts." (S. 31 f.)


Der Mann durchquert die Einsamkeit und die Natur, begegnet vereinzelt Menschen, lässt sich aber vor allem von den Bildern treiben, die ihm vor seine Kamera kommen - und von seinen Gedanken. Bilder schaffen Erinnerungen, und so legt der Mann nicht nur seinen Weg auf Grimsey zurück, sondern auch etliche Passagen seiner Vergangenheit - seine Kindheit, seine Zeit des Erwachsenwerdens und der Haft, vereinzelte Ereignisse seiner zahllosen Reisen. Und die Perlenkette der Erinnerungen hängt schließlich gedankenschwer um den Hals des Fotografen, eine Bilanz seiner Träume, vom Reisebericht zur Lebensbeichte.


"Beim Umdrehen jedoch (...) sah er, daß im Rasen, etwas abseits, ein Holzpflock steckte, über den vier Ringe aus Gummi gestülpt waren. Das sportliche Spielzeug, blaßrosa, blaßblau, blaßgelb und blaßgrün, löste in seinem Kopf ein Signal aus, das sogleich seine Füße erreichte und sie am Weiterlaufen hinderte: Mit solchen Ringen, die ein feines Rillenprofil trugen, hatten er und seine Freunde sich in jener Zeit vergnügt, als er auch seine Inseln baute, im Ferienlager oder auf dem Schulhof. Jahrzehnte lag das zurück, und nie wieder hatte er Gummiringe dieser Art gesehen, bis in ihre Farbblässe hinein glichen sie jenen von damals, er wußte für den Moment nicht, ob er weinen oder lachen sollte über das unerwartete Wiedersehen von Dingen, die scheinbar keinerlei Bedeutung für sein weiteres Leben gehabt hatten." (S. 55)


Ulrich Schacht lässt hier offensichtlich auch viele autobiografische Elemente in die Novelle einfließen, die einen Einblick auch in sein Leben und seine Gedankenwelt gewähren. 1951 wurde Schacht im Frauengefängnis Hoheneck geboren, wuchs dann in Wismar auf und wurde 1973 wegen 'staatsfeindlicher Hetze' in der DDR zu sieben Jahren Freiheitsentzug verurteilt - man entließ ihn jedoch bereits 1976 in die BRD. Als Redakteur und Journalist arbeitete er für verschiedene Zeitungen, heute lebt er seit 1998 als freier Autor in Schweden.


"Zuerst fiel seine Aufmerksamkeit auf einen Bagger, der hinter der Kante, die an ihrem Fuß in einen groben Geröllsaum überging, auf dem der Ozean seine Wellen verlor, wie ein Ungetüm hervorragte. Es schien aus dem Meer gekommen zu sein und war dabei, die Kante zu erklimmen. Schon hatte es die Zähne seines mächtigen Gebisses in das Erdreich neben dem Asphaltband geschlagen, um den massigen, panzerschweren Leib nachzuziehen, da mußte ihm plötzlich die Luft ausgegangen oder etwas anderes Furchtbares geschehen sein: All seine Kraft war in dieser letzten Bewegung steckengeblieben, erstarrt. Seitdem hatten Wind und Wetter die leuchtend gelbe Haut des Monsters fast vollständig abgezogen und den darunterliegenden Leib aus Stahlknochen und Eisenfleisch in eine rostbraune Masse verwandelt, die sich der Farbe der nahe liegenden Basaltsäulen, denen das Meer seit Urzeiten seine Wellen entgegenbranden ließ, anzugleichen begann." (S. 18)


Trotz der leisen Töne und der ruhigen Bilder kommt die kleine Novelle sprachgewaltig daher, oftmals mit langen und verschachtelten Sätzen, die mehrfach gelesen werden wollen, um sie in ihrer Gänze zu erfassen, detailgetreu und bildhaft. Ein bisschen hatte ich zuweilen das Gefühl, mich durch Sirup zu lesen - süß und ein wenig zäh, in kleinen Portionen genossen eine Delikatesse, zu viel davon jedoch schlecht zu vertragen. Und so habe ich Wochen gebraucht, um diese Novelle bis zum Ende zu lesen, immer wieder ein paar Seiten, so dass der eintägige Ausflug nach Grimsey letztlich für mich zu einer langen Reise wurde.

Aber eine Reise, die sich gelohnt hat, die mich nicht nur mitnahm auf diese kleine Insel am Polarkreis, sondern auch in die Gedankenwelt des reisenden Fotografen - und ein wenig auch zu mir selbst.


© Parden

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