Igelchen

"Der ehrliche Finder" ist mein erstes Buch von Lize Spit. Das Cover hat mich sofort angesprochen. Zwei bunte Punkte am Rande von vielen gleichfarbigen Punkten. Nach dem Lesen des Buches finde ich das Cover umso passender.

Der Einstieg in dieses schmale Buch fiel mir vor allem durch die zugängliche Sprache sehr leicht. Jimmy wurde zum ersten Mal zur Übernachtung bei Tristan eingeladen. Tristan, der mit seiner Familie durch Europa nach Belgien geflüchtet ist, um hier Sicherheit und Schutz zu finden. In Jimmys Augen hat Tristan so vieles, was ihm fehlt. Eine große Familie die zusammenhält und sich gegenseitig umeinander kümmert.

Durch die Übernachtung erfährt Jimmy immer mehr, dass die Flucht bei Tristan und seiner Familie Schatten hinterlassen hat. Das ihnen nur der Zusammenhält die Stärke gibt, dass alles verarbeiten zu können.

Dieses Buch zeigt noch einmal deutlich, dass die Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen einer Flucht ein langer Weg ist. Sich an die neue Umgebung zu gewöhnen und die neue Sprache zu lernen, sind ein Teil des Ankommens. Doch auch die Seele muss dabei unterstützt werden, all diese Erlebnisse zu verarbeiten.

Von mir gibt es für das Buch vier Sterne. Am Ende hat mir noch etwas gefehlt, um mich völlig vom Inhalt zu überzeugen.

„Der späte Ruhm der Mrs. Quinn“ ist ein wunderschönes Buch zum Wegschmökern. Schon allein das Cover gefällt mir sehr und macht Lust selber die Rührschüsseln zu schwingen.

Jenny Quinn bewirbt sich mit über 70 Jahren bei einer Backshow im Fernsehen. Mit ihren Familienrezepten begeistert sie dort die Jury und die Zuschauer. Doch sie trägt ein lang gehütetes Geheimnis mit sich. Im Verlauf des Buches erfährt der Leser immer mehr über die jugendliche Jenny. Auch wenn die Story ab einem gewissen Punkt vorhersehbar ist, ist dieses Buch ein wahres Lesevergnügen.

Ich mochte die Charaktere und auch die eingefangene Stimmung. Egal ob man bei Jenny in der Küche war oder in der Backshow mit ihr mitfiebert hat, durch ihren Schreibstil hat es Olivia Ford geschafft, dass ich die Backwerke förmlich riechen konnte. Ich hätte mir für das Ende des Buches noch ein oder zwei Backrezepte von Jenny als Anhang gewünscht. Das hätte das Buch für mich noch mehr abgerundet.

Von den Protagonisten habe ich besonders Bernard, Jennys Ehemann, liebgewonnen. Er ist eine treue Seele, sehr geduldig und ruht in sich. Schade, dass Jenny ihr Geheimnis so viele Jahre vor ihm verborgen hat. Die Ehe der beiden spielt eine zentrale Rolle in diesem Buch. Sie haben viel zusammen erlebt und sind fast 60 Jahre miteinander verheiratet. Die Liebe der beiden zueinander ist sehr gut zu spüren. Ich mochte es wie vertraut und achtsam beide miteinander umgehen.

Dieses Buch ist perfekt für einen regnerischen Herbsttag oder für die Vorweihnachtszeit. Am besten genießt man diese liebevolle Umarmung in Buchform mit einem schönen Tee auf dem Sofa.

Ein letzter Spätsommertag im Freibad. Hitze liegt in der Luft und die Freibadbesucher suchen Abkühlung im Wasser. Im Buch von Arno Frank treffen Figuren aus unterschiedlichen Altersklassen aufeinander. Da ist die Kindergärtnerin mit ihrer Kindergruppe, welche das Seepferdchen absolvieren wollen. Da gibt es die Rentnerin, welche täglich ihre Bahnen zieht und die sich an die Anfänge des Freibades erinnert. Da gibt es zwei Freunde, die sich seit Jahren nicht mehr gesehen haben und nun aus einem bestimmten Anlass hier wieder aufeinandertreffen. Da sind zwei Geschwister, welche zusammen das Freibad besuchen. Man begleitet den Bademeister des Freibades sowie die Mitarbeiterin an der Freibadkasse.

In diesem Buch erlebt der Leser viele unterschiedliche Menschen an einem Tag im Freibad. Jeder von ihnen hat eine besondere Verbindung mit dem Freibad. Jeder hat seine eigenen Erinnerungen. Ich mochte die Erzählstruktur des Buches sehr. Die einzelnen Geschichten greifen immer wieder ineinander oder berühren einander kurz. Für mich war es das perfekte Sommerbuch. Die Sommerhitze, der Duft von Sonnencreme, Chlorwasser und Pommes, das Gelächter von spielenden Kindern und das Aufspritzen des Wasser konnte man förmlich spüren.

Alena Schröders neues Buch "Bei euch ist es immer so unheimlich still" führt den Leser zum einen in die Nachkriegszeit bis Anfang der 70er Jahre und in das Jahr 1989 kurz vor der Wende. Wie schon in ihrem Vorgängerbuch erfolgt mit jedem Kapitel ein Wechsel in einen der beiden Zeitstränge.

Ich habe mich sehr gefreut auf dieses Buch. Denn der Leser begegnet bekannten Protagonisten aus dem Buch "Junge Frau, am Fenster sehend, Abendlicht, blaues Kleid". In dem neuen Buch steht die Geschichte und die Beziehung von Evelyn und ihrer Tochter Silvia im Mittelpunkt. Aber auch Betti, Evelyns Schwägerin, spielt eine zentrale Rolle in diesem Roman.

Für mich war es sehr spannend zu lesen, welche Erwartungen der Gesellschaft Frauen in der Nachkriegszeit/Anfang der 50er Jahre zu erfüllen hatten bzw. erfüllen sollten. Spannend empfand ich dabei, die immer mehr auseinander driftenden Lebensweisen von Evelyn und Betti. Evelyn die sehr bemüht ist nicht zum Dorfgesprächsthema zu werden und Betti die für die damalige Zeit mit den Regeln bricht und ihren Drang nach Freiheit auslebt. Und dabei sind beide Frauen immer wieder gefangen in den gesellschaftlichen Pflichten und Erwartungen. Nie wird auch nur ansatzweise gefragt, was die Frauen eigentlich wollen. Zentrale Themen dieses Buches sind die Eigenständigkeit von Frauen, sei es bei der Rückkehr in den Beruf nach der Geburt eines Kindes, das eigenständige Leben der Frau ohne einen Mann an ihrer Seite, das Verarbeiten von Kriegstraumata und die Rolle innerhalb der Familie.

Der Schreibstil von Alena Schröder hat mich wieder sofort in die Geschichte gezogen. In den Kindheitsszenen von Silvia konnte man die Stille zwischen ihr und ihrer Mutter förmlich spüren. Das Buch ist sehr dicht erzählt und macht es durch die Zeitstränge sehr abwechslungsreich.

Dieses Buch ist für mich ein Buch mit starken Frauencharakteren. Gleichzeitig zeigt es welche Schritte in der Emanzipation bis in unsere heutige Zeit erfolgt sind, die wir für ganz selbstverständlich halten. Ein absolut lesenswertes Buch. Auch wer das Vorgängerbuch nicht kennt, kann dieses Buch problemlos lesen. 

Im sommerlichen  Flair der Côte d'Azur versucht Léa ihr Leben nach einer Trennung neu zu ordnen. Auf Vorschlag ihrer Mutter, reist sie in das Sommerhaus der Familie. An ihrem ersten Abend begegnet sie Alice, einem jungen Mädchen im Teenageralter. Kurz darauf ist Alice tot. Ihr Bruder Émile sucht nach Antworten und taucht plötzlich bei Léa auf. Der Sommer nimmt eine unerwartete Wendung.

In einem sommerlichen Setting wird der Leser mit vielen Themen konfrontiert, die zum Nachdenken anregen. Die Selbstbestimmung der Frau über den eigenen Körper und Schwangerschaftsabbruch sind dabei zwei zentrale Themen. Wie viel freie Entscheidung über den eigenen Körper hat eine Frau bei einer Schwangerschaft? Welche Rolle spielt das direkte Umfeld und die Gesellschaft im Allgemeinen? Das Buch wirft spannende Fragen auf und hat auch mir viele Denkanstöße geliefert. Dabei wechselt das Buch zwischen dem sommerlich leichten Leben in Frankreich und tiefgründigen Gesprächen über Mutterschaft, Freundinnenschaft und Abtreibung. 

Ich mochte vor allem die landschaftlichen Beschreibungen im Buch. Diese gaben mir das Gefühl direkt in die Szene eintauchen zu können. Die Protagonistin Léa hat sich für mich innerhalb der Geschichte von einer Suchenden zu einer Findenden entwickelt. Trotz der mitunter sehr ernsten Themen, besticht die Geschichte für mich durch Ruhe. Die nächtlichen Sommergespräche lassen den Leser durch die Geschichte fließen und sind dabei nie aufdringlich. Dabei fand ich es immer wieder schön zu lesen, wie die unterschiedlichen Argumentationen der Charaktere zu bestimmten Themen zusammengebracht wurden. Der Mittelteil des Buches zog sich für mich etwas, daher ziehe ich einen Stern ab.

Das Buchcover passt perfekt zum Sommer an der Côte d'Azur. Wer ein Sommerbuch mit Frankreichsetting und tiefgründigen Gesprächen sucht, wird bei diesem Buch fündig werden.

Willkommen beim Campingparadies am Waldsee e. V.

So oder so ähnlich, habe ich mir das Eingangsschild über dem brandenburgischen Campingplatz an einem Waldsee vorgestellt. 

Eigentlich soll es für die Dauercamper ein gemütlicher Sommer werden. Doch dann macht das Gerücht die Runde, dass der Campingplatz verkauft werden soll, um luxuriöse Terrassenhäuser auf dem Grundstück errichten zu können. Doch kampflos wollen die Camper ihr Campingparadies nicht aufgeben und unternehmen alles, um diesen Plan zu verhindern.

Dieses Buch ist die perfekte Sommerlektüre. Und das nicht nur für Leser mit Campingerfahrung. Auch die Nichtcamper kommen hier auf ihre Kosten. Neben der Mehrgenerationenfamilie, die gefühlt schon immer hier campen, gibt es die regeltreuen und sofort regelbruchmeldenden Camper, die lustige Mau-Mau-spielende-Damenrunde, die entspannten Hippies und die neureichen Kurzcamper mit ihren Luxuswohnmobilen. Der kleine Imbiss auf dem Campinggelände ist der zentrale Treffpunkt für die Camper und der Ort zum Austausch von Klatsch und Tratsch. 

Das Buch lebt von den tollen Beschreibungen des Campingplatzes und den speziellen Charakteren. Hier treffen Ost- und Westberliner aufeinander. Und auch der ein oder andere schwäbische Dialekt ist hier anzutreffen. Die große Familie der Dauercamper habe ich schnell in mein Herz geschlossen, allen voran der Campingplatzwart Ebi. Manchmal wirkt er etwas hilflos, aber in den passenden Momenten kann er Konter geben.

Durch den tollen Schreibstil bin ich sofort in der Geschichte drin gewesen. Ich konnte mir die Natur, den Waldsee, das Campinggelände und natürlich die Camper super vorstellen und habe richtig Lust bekommen, selber einen Urlaub auf dem Campingplatz zu verbringen. 

Wer noch nach einer Sommerlektüre sucht, wird mit diesem Buch auf jeden Fall fündig. Schnappt euch ein erfrischendes Getränk, legt euch in die Hängematte (oder einfach auf das Sofa) und taucht ein in das Campingparadies am Waldsee e. V..
Und wenn ihr Brigitte begegnet, dann bringt ihr am besten Eierlikör und Geleebananen mit. Vertraut mir, damit steht einem entspannten Urlaub nichts mehr im Weg. ;)