Bewertung zu "Scott Kelbys Porträt-Retusche-Tricks" von Scott Kelby
Scott Kelbys neuestes Werk "Porträt-Retusche-Tricks: Für Photoshop" richtet sich vorrangig an den bildbearbeitenden Fotografen, der nur wenig Zeit für die Retusche aufwenden möchte oder kann. Kelby selbst schreibt zu Beginn des Buches, dass sich professionelle Retuscheure bei seinen Techniken wohl die Haare raufen würden. Doch das Ergebnis zählt und dieses kann trotz Zeitmangel überzeugen.
Zuallererst erklärt Kelby in sieben Punkten die Grundsätze seines Buches, sozusagen eine Art Anleitung. Dabei geht es um die Zielgruppe, Hinweise auf die Übungsbilder und die Einleitungstexte der Kapitel (die etwas spezieller sind und mit dem eigentlichen Kapitel nicht so viel zu tun haben) etc. Er wird auch später im Buch nicht müde zu betonen, dass man diese Punkte doch bitte lesen soll. Kann man mögen, muss man nicht.
Die Aufteilung der folgenden sechs Kapitel ist gelungen. Sie decken jeweils einen zu retuschierenden Bereich ab - angefangen bei den Augen, geht es über Haut, Gesicht, Haare, Lippen und Körperformung weiter. Gut gefällt, dass man das Buch nicht stur von vorne bis hinten durchlesen muss. Wer sich nur für die Hautretusche interessiert, kann direkt zu diesem Kapitel springen, ohne das Vorwissen der anderen Kapitel haben zu müssen. Ohnehin richtet sich das Buch an den Photoshop-Anfänger. Jeder Schritt ist ausführlich erklärt und bebildert, sodass man die Techniken schnell nacharbeiten kann.
Das siebte und letzte Kapitel widmet Kelby seinem Workflow anhand dreier Beispielretuschen. Er zeigt dort sehr anschaulich, auf welche Bereiche er sich konzentriert, wenn er nur 5, 15 oder 30 Minuten Zeit hat. Außerdem gibt es am Anfang dieses Kapitels eine Checkliste, damit man bei den eigenen Retuschen nichts übersieht oder vergisst.
Kritik
Etwas bemängeln muss ich seine Arbeitsweise in Photoshop; er arbeitet viel mit reduzierten Ebenen, die in meinen Augen nicht nötig wären. Für einen Profi mit Highend-PC, viel Speicherplatz und RAM en masse vielleicht gut machbar, aber der durchschnittliche Anwender wird mit dieser Arbeitsweise in Photoshop mit Performance-Problemen zu kämpfen haben. Zudem wendet er Filter immer destruktiv an, anstatt auf die Vorteile eines Smartobjekts einzugehen und diese anzuwenden (es mag ein Tick sein, aber einen Filter auf einer normalen Ebene anzuwenden bringe ich nicht übers Herz. Der eine Klick ist schnell gemacht und hinterher ist man froh, falls doch etwas geändert werden muss!).
Tipp
Oft sind reduzierte Ebenenkopien, also das Zusammenfügen aller Ebenen zu einer neuen, gar nicht nötig. Kelby nutzt diese Kopien meist zusammen mit den Füllmethoden, um Bildbereiche aufzuhellen oder abzudunkeln. Anstatt eine Ebenenkopie zu nutzen, die sowohl Festplatten- als auch RAM-Speicher benötigt, legt einfach eine Einstellungsebene an (es ist egal, welche), verändert die Einstellungen nicht und setzt die Ebene in die gewünschte Füllmethode. Ihr werdet sehen, das Ergebnis ist dasselbe wie mit der Ebenenkopie, aber anstatt die Dateigröße zu verdoppeln, braucht die Einstellungsebene so gut wie keinen Speicherplatz.
Bei manchen Screenshots im Buch fiel mir auch auf, dass die vorgestellte Technik nicht sauber angewendet wurde, das Endergebnis jedoch tadellos aussieht. Meiner Meinung nach hätte man für die Zwischenschritte ordentlicher arbeiten können.
Fazit
Ein gelungenes Buch, das leicht und schnell umsetzbare Retuschetechniken auch für den ungeübten Photoshopbenutzer verständlich erklärt. Im Grunde fast uneingeschränkt empfehlenswert, wenn man Kelbys Arbeitweise nicht eins zu eins nachahmt und ressourcenschonender arbeitet (wie z.B. weiter oben bei Kritik beschrieben).
Eines muss man über Kelbys Bücher noch wissen: Sein Schreibstil unterscheidet sich deutlich von anderen Trainern, er schreibt gerne unkonventionell, humorvoll und - so habe ich manchmal das Gefühl - frei von der Leber weg. Wer es lieber sachlich mag, wird sich mit seinen Büchern eher schwer tun. Alle anderen werden sich über aufgelockerte und definitiv keine staubtrockene Lektüre freuen.