Die Erschließung christlicher Sprachformen für die Gegenwart
Metaphorische und symbolische Sprachformen, Mythen, Sagen und Legenden, im Ganzen oder in Elementen, dies ist die Welt der religiösen Sprache, für die es zur Erschließung in der Gegenwart nicht genügt, alte Texte nur zu repetieren, sondern für die „neue Fäden“ in die Gegenwart hinein geknüpft werden sollen und müssen, um ihren Erlebnisinhalt und ihre „eigentliche Botschaft“ zum schwingen und sprechen zu bringen.
Diese Transformation der Texte und damit die Aktualisierung ihres Bedeutungsinhaltes ist quasi das Lebenswerk von Hubertus Halbfas. So, wie man auch diesem neuen Werk sein Brennen für sein Thema abspürt und daher auch nachsichtig mit manchen harschen Urteilen über moderne Umgangsformen mit den tradierten Texten sein sollte. Denn in seiner Analyse trifft Halbfas ja durchaus wunde Punkte. Aufgrund der „mangelnden“ Vorbereitung durch Kirche und Schule erschließen sich die auf den ersten Blick rätselhaften Texte nicht auf Anhieb und werden so oft und oft einfach als unverständlich beiseite geschoben.
„So bleibt es bei einer Lehre, welche die meisten Zeitgenossen verfehlt und ratlos macht“.
Umgekehrt kann man daraus schleißen, das Halbfas eigentliches Anliegen jenes ist, die „Fachwelt in Kirche und Theologie“ auf ihre „eigentliche“ Aufgabe hin zu mahnen und darin nicht müde zu werden: „Übersetzer“ der tradierten Sprachformen im besten Sinne zu sein und damit die Überlieferung „in den Sprachformen“ lebendig zu gestalten. Eine Mahnung, der es Halbfas nicht an sprachlicher und emotionaler Deutlichkeit Fehlen lässt.
Das „Handwerkszeug“ für diese „Übersetzungsaufgabe“ gibt der Religionspädagoge Halbfas im Buch reichhaltig, ausführlich und fundiert mit an die Hand. Wobei er betont, dass die gängige didaktische „Konzeption der Korrelationslehre“ zu vernachlässigen ist, so es denn gelingt, sich in den Sprachformen „an sich“zurecht zu finden und eben jene „neuen Fäden“ in die Gegenwart hinein zu knüpfen.
Religiöser Analphabetismus lässt sich in den Augen des Verfassers eben nur „durch Sprach- und Urteilskompetenz“ überwinden. Um für diese Kompetenzen die Grundlagen zu legen bietet Halbfas eine systematisch strukturierte und im Stil verständliche Sprachlehre, innerhalb derer er nicht nur auf tradierte biblische Sprachgattungen zurückgreift, sondern ebenfalls dogmatische Texte und Traditionen sprachlich zugänglich und übersetzbar gestaltet.
Dabei gilt, dass in vielen Bereichen Schüler und Gesellschaft als „nachchristlich“ anzusehen sind, aber eben nur eine sprachliche Kompetenz auch mit den religiösen Traditionen echte Verständigungsmöglichkeiten eröffnen, die den Kern der jeweiligen Sache treffen. Auf diesem Hintergrund erst sind seine Ausführungen im 2. Teil des Buches recht zu verstehen, die er mit „Die Wahrheit der Formen“ betitelt.
Sehr zu empfehlen im Buch ist hier vor allem die „neue“ Aufschlüsselung des „dogmatischen“ apostolischen Glaubensbekenntnisses, welches Halbfas in hohem Maße metaphorisch und nicht geschichtlich versteht und auslegt. Ein konkretes und anschauliches Beispiel dessen, was er grundsätzlich meint und mit seiner Sprachlehre erreichen möchte.
Alles in allem legt Halbfas im Buch eine Form der Essenz seines wissenschaftlichen Forschens, das in Stil und Form überzeugend dargestellt wird und tradierte Sprachformen in ihrer Eigenart und historischen Bezogenheit ebenso darlegt, wie es Übersetzungshilfen für die Gegenwart zu geben vermag. Für das religionspädagogische Arbeiten ist das Buch ebenso geeignet, wie für den interessierten Laien, um die alten Texte in ihrer gemeinten Botschaft für die Gegenwart verstehen zu lernen.