Rezension zu "Wie man sie alle rumkriegt!" von Scott Adams
Einen anderen Menschen mit rationalen Argumenten überzeugen zu wollen, gelingt eher selten. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: Überforderung. Wenn Überzeugungen höchst selten auf einer rationalen Basis aufbauen oder durch logische oder andere schlüssige Überlegungen entstehen, dann kann man sie auch nicht auf diesem Wege ändern.
Es ist nämlich oft genau umgekehrt: Am Anfang war die Überzeugung und erst danach kam der Versuch, sie plausibel zu begründen. Macht man sich den Spaß und hinterfragt bei anderen deren Überzeugungen, dann kann man oft miterleben, in welche Schwierigkeiten sie kommen, wenn sie zu einer Begründung aufgefordert werden. Würde eine Überzeugung auf schlüssigen Argumenten beruhen, dann hätte man auch keine Probleme, sie sofort anzuführen.
In diesem Buch geht es um das Überzeugen anderer. Man kann es auch Manipulieren nennen, wenngleich der Autor dieses böse Wort tunlichst vermeidet. Scott Adams erlangte mit seinen Dilbert-Comics Berühmtheit, was ihn wohl auch vermögend machte. Gelegentlich verspürt er im Buch das Verlangen, diesen Umstand zu betonen und dem Leser mitzuteilen, er würde gerade Teile des Manuskripts am Strand schreiben. Leider merkt man das manchmal auch, denn das Buch wurde nicht auf einem beständig gleichen Niveau verfasst. Es kommt zu Wiederholungen und einigen recht flachen Abschnitten. Dazu gesellt sich das irgendwann nervige Klopfen auf die eigene Schulter.
Nun ja, Adams sagte zu einer Zeit den Wahlsieg Trumps voraus, als man dafür noch für ziemlich bescheuert gehalten wurde. In Europa gilt der jetzige Präsident der USA als leicht minderbemittelt und irgendwie gestört. Man verpackt das gerne in das Wort "unberechenbar". Macht man sich hingegen die Mühe, Trump und seinen Durchmarsch verstehen zu wollen, dann lohnt das Lesen dieses Buches auf jeden Fall. Denn nicht der US-Präsident ist peinlich, sondern das komplette Unverständnis seines Erfolges durch das europäische Establishment. Es offenbart nicht nur eine irritierende Ignoranz der Realität, sondern auch das Fehlen von analytischem Vermögen. Wer die Hälfte der amerikanischen Wähler überzeugen konnte, kann wohl kaum ein Volltrottel sein.
Der zweite Grund, der für dieses Buch spricht, sind die Konzepte, die der Autor zum Thema Manipulation darlegt. Gewiss kann man sie auch anderswo ähnlich nachlesen. Doch hier werden sie speziell auf das Verhalten Trumps angewandt. Daraus entsteht ein ganz anderes Bild als das, was in europäischen Medien verbreitet wird. Offenbar fällt es den Köpfen hinter diesen Medien extrem schwer, die politisch völlig inkorrekte Herangehensweise dieses Präsidenten zu verstehen, noch seine Art, Deals zu erreichen. Adams erklärt einige von Trumps Manövern im Wahlkampf. Vielleicht führt das zu einem Verständnisprozess. Aber halt! Diese Leute werden das Buch keineswegs lesen, denn das würde ja nicht zur Bestätigung ihrer Überzeugungen führen. Auch Fakten interpretieren sie anders als objektiv. Sie suchen in ihnen nur den Teil, der sie bestätigt oder den sie so drehen können.
Das ist völlig normal, ebenso wie andere Dinge, die Scott Adams über Überzeugungen und ihre Evolution im Kopfe eines Menschen erklärt.
Es macht oft tatsächlich Spaß, dieses Buch zu lesen. Entweder man weiß vieles bereits aus eigener Erfahrung oder man beobachtet anschließend mit Freude, wie wahr Scotts Darlegungen sind, indem man sie einfach im persönlichen Umfeld überprüft. Dabei sollte man allerdings Vorsicht walten lassen, wenn man seine Freunde behalten möchte. Niemand steht gerne blank da.
Um die Brisanz des Textes zu verdeutlichen, möchte ich lediglich die Kapitelüberschriften nennen: Warum Fakten überbewertet werden. Eine zweckmäßige Sichtweise der Wirklichkeit. Wie Präsident Trump das macht, was andere nicht können. Überzeugungen in Beruf und Politik. Warum Gruppenzugehörigkeit Sie mächtig und blind macht.
Scott Adams ist übrigens nach eigener Aussage eher liberal eingestellt, also kein Trump-Anhänger. Dennoch fasziniert ihn offenbar dessen Durchsetzungsvermögen. Einige der erfolgreichen Trump-Techniken werden im Text gut erklärt. So entsteht ein Bild der Fähigkeit dieses Menschen, das nicht in die deutsche Medienlandschaft passt. Natürlich kann man Trump unsympathisch finden. Das hilft jedoch beim Verständnis nicht wirklich weiter, sondern versperrt eher die Sicht auf die Realität. Schließlich ist auch das eine Überzeugung, die zu zahlreichen Filtern führt.
Allerdings besitzt das Buch neben den oben bereits genannten Defiziten noch einen grundsätzlichen Mangel: Sein Autor versteht nämlich nicht, dass es neben Trumps Fähigkeiten auch äußere Umstände waren, die zu seinem Wahlsieg beigetragen haben. Jedenfalls benennt er sie nicht und sieht lediglich das geschickte Verhalten Trumps. Auch das ist ein Filter, denn beim Autor dreht sich alles um Manipulation und Methoden, ihnen zu begegnen. Alles andere wird ausgeblendet. Irgendwie ist es doch lustig, dass man den Autor dabei erwischt, wie auf seine eigenen Filter hereinfällt.
Versteht man erst einmal die in diesem Buch offenbarten Hintergründe und begreift man, dass dieser Präsident keineswegs wenig intelligent ist, dann kann man sich sehr darüber amüsieren, wie die sich überlegen fühlenden europäischen Politgrößen in seine medialen und andere Fallen tappen. Denn nicht sie sind es, die die Agenda bestimmen, sondern er. Das sagt sehr viel darüber aus, wer hier tatsächlich wem überlegen ist.
Wenn man die genannten Schwächen dieses Buches hinnimmt, dann kann man viel aus ihm lernen. Insbesondere bringt es ein ganz anderes Trump-Bild hervor, als man das von den hiesigen Medien gewöhnt ist.