In der Klosterschule "Maria zum Schnee", einem Knabeninternat weit oben in den schweizer Bergen, soll ein Diamant versteckt sein: der "Rote Florentiner". Um diesen ranken sich etliche geheimnisvolle Geschichten über Macht und Einfluss, denn der Stein geistert schon seit Jahrtausenden durch die Historie. So hing er einst schmückend an Kleopatras Hals, gelang später in die Hände der Staufer und zierte zuletzt die Krone der Habsburger. Seit dem Fall der Habsburger Monarchie gilt der Diamant als verschollen, findet jedoch in den dicken Gemäuern des Klosters seinen letzten Anhaltspunkt.
Natürlich verströmt der sagenumrunkelte rote Diamant seinen Reiz auch unter den Klosterschülern, weshalb sich eine Handvoll der Zöglinge auf Exkursionen in die Kellergewölbe und Dachböden ihres Klosters begibt: auf die Suche nach dem geheimnisvollen Schatz.
Was nach einem spannenden Plot klingt und wirklich sehr hervorragend beginnt, scheitert leider schon schnell an der Umsetzung. Die Handlung wurde bald schwer nachvollziehbar und das Lesen auf Dauer sehr mühsam. Die Beziehungen zwischen den Protagonisten war für mich quasi kaum erkennbar, die Charaktere sehr seicht gezeichnet und selbst der Protagonist fast gar nicht greifbar. Ein schönes Konstrukt und eine tolle Idee dahinter, aber das Gebilde trägt sehr instabil und ist dabei nur wenig glänzend. Der Roman muss sich wahrscheinlich wie der mysteriöse Stein im Buch seine Leser selbst auserwählen - ich hab ihn und sein Ende einfach nicht verstanden und bin auf den sehr vielversprechenden Klappentext reingefallen. Kurzum: ich fand es wenig rauschhaft und seeehr fade.
Thomas Hürlimann
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Alle Bücher von Thomas Hürlimann
Fräulein Stark
Vierzig Rosen
Der große Kater
Der Rote Diamant
Heimkehr
Das Gartenhaus
Dämmerschoppen
Die Tessinerin
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Neue Rezensionen zu Thomas Hürlimann
Rezension zu "Der Rote Diamant" von Thomas Hürlimann
„Der rote Diamant“ von Thomas Hürlimann ist mein erster Roman von diesem bekannten deutschen Autor. Auch wenn mir die erzählte Geschichte über die Suche nach dem Habsburger Juwel, zwischen Geschichtsunterricht über das Herrscherhaus und das Schulleben im erzkatholischen Internat, nicht wirklich begeistern konnte, so ist doch das literarische Können hervorzuheben.
Es geht um einen Diamanten, der zu den Juwelen der Habsburger gehörte und in Maria Schnee, einer Benediktinerabtei in der Schweiz, versteckt sein sollte. Dieser Edelstein sollte einst die Rückkehr Kaiser Karls auf den Thron sichern, doch wir wissen heute, dass das nicht geklappt hat. In den 60ger Jahren will eine Gruppe von Klosterschülern versuchen, den verschwundenen Diamanten wiederzufinden.
Der Roman mit autobiographischen Zügen erzählt über eine Zeit, die längst vergessen scheint. Der Schulalltag macht Schülern und Lehrern zu schaffen, religiöse Rituale und alljährlich wiederkehrende Ereignisse zeugen von einem schwer erträglichen Leben hinter den dicken Klostermauern. Die Suche nach dem roten Diamanten bringt Abwechslung in die Tristesse und läutet den Verfall einer erzkatholischen Realität ein.
"Vom Glauben jedoch war ich abgefallen, wie die meisten unserer Klasse. Abgestumpft durch den täglichen Messbesuch, die heruntergeleierten Pflichtbeichten oder die uninspirierten Predigten, die uns die Neuerungen des Vatikanischen Konzils schmackhaft machen sollten, waren wir Vasen tatsächlich hohl geworden, Urnen mit einem Aschenrest, unserem Kinderglauben, an den man sich ab und zu mit einem leisen Heimweh erinnerte - wie man sich an die Kirmes erinnerte, die irgendwo in der Tiefe der Jahre mit einem leer sich drehenden Karussell eine verstimmte Orgel scheppern ließ."
Rezension zu "Der Rote Diamant" von Thomas Hürlimann
Wenn Erzähler, die das wirklich gut können, ein Buch schreiben, sollte man zugreifen und lesen. So auch hier. Hier und da wird zu diesem Buch gesagt, es sei eigentlich ein Krimi, aber das ist natürlich Unsinn. Das wird schon nach den ersten Seiten klar - die Psychologie des Heranwachsens wird beleuchtet, und da es in dem Internat, das den äußeren Rahmen darstellt, meistens dunkel ist, braucht man viele verschiedene Lampen, um immer wieder anderes Licht zu setzen. Das schafft der Autor bravourös, dabei gibt es auch ein paar Lampen, die eine kriminalistische Handlung erhellen, die aber nur scheinbar im Vordergrund steht. Langsam lesen, das Buch, dann bekommt man das mit. Hürlimann arbeitet sich erfolgreich an einigen Dingen ab, und er stellt seinen Furor immer in den Dienst der Literatur, das ist mehr als bemerkenswert.
Es sei dem Autor verziehen, dass er "Marmor, Stein und Eisen bricht" Roy Black zuordnet - für so etwas gibt es im Verlag ein Lektorat, das wie so oft in diesen Zeiten seinen Dienst verweigert oder ohne Expertise ist. Sei's drum.
Ein kurzweilig zu lesendes, weit über dem Durchschnitt anzusiedelndes Werk, das bei der Lektüre ein Glas guten Rotweins verträgt.
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Thomas Hürlimann wurde am 21. Dezember 1950 in Zug (Schweiz) geboren.
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