Helon Habiba schafft es die fast schon traurige Welt in Nigeria bildlich darzustellen. Die Verschmutzung der Umwelt durch Ölgesellschaften wird immer wieder deutlich. Menschen müssen umziehen, da die Fische durch das hohe Ölvorkommen im Fluss sterben. Außerdem erfährt der Leser viel über den Werdegang der Protagonisten und somit über die unterschiedlichen Leben in Nigeria. Während der gesamten Lektüre schafft der Autor einen konstante Spannung beizubehalten. Der Leser fiebert mit, auch wenn das Buch nicht mit einem Krimi oder Thriller vergleichbar ist. Für diese Genres ist sie doch zu gering und die Auflösung fast zu einfach.
Das Buch ist lesenswert und zeigt wie stark Afrika durch die Macht des Weißen Mannes gebeutelt ist.
Helon Habila
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Helon Habila
Öl auf Wasser
Öl auf Wasser
Reisen
Öl auf Wasser
Measuring Time
Oil on Water. Öl auf Wasser, englische Ausgabe
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Rezension zu "Reisen" von Helon Habila
Bisher verlief alles eigentlich mehr oder weniger normal im Leben des nigerianischen Mannes, dessen Reisen in diesem Buch so wie „das Normalste auf der Welt“ beschrieben werden. Er lebt in den USA, seine Frau ist Künstlerin. Ihn plagen auch keine Sorgen.
Das wird sich ändern als Gina, seine Frau ein begehrtes Stipendium für einen Aufenthalt in Berlin erhält. Das war im Herbst 2012. Das Jahr, in dem die Welt untergehen sollte … laut den Berechnungen der Mayas. Naja, wenn man es pessimistisch betrachtet…
Schon bald lernt er Mark kennen. Ein Typ, den man sich nicht besser malen kann. Student, keiner Protestaktion abgeneigt, stur, immer mit dem Kopf durch die Wand. Mit einem Augenzwinkern könnte man ihn als Hallodri bezeichnen. Nun sitzt er im Gefängnis. Wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Dabei kommt heraus, dass seine Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist. Zum Glück hat er Freunde wie Ginas Ehemann. Sie, Gina, ist weniger erfreut über die Hilfsbereitschaft ihres Gatten. Denn Mark ist nun gar nicht der, der er vorgibt zu sein…
Eine verrückte Geschichte, die unserem Helden da passiert ist. So etwas schärft die Sinne. So was wird ihm nie wieder passieren! Da mag er recht haben. Doch ihm werden noch ganz andere Dinge passieren. Er verliebt sich neu, reist in die Schweiz, um einen Tod aufzuklären und landet unversehens in einem Flüchtlingstreck. Das „Schokolade, Schokolade“, das ihm Kinder in Berlin kindlich-naiv hinterherrufen, erscheint ihm bald schon als Randnotiz in seinem Leben…
Helon Habila greift ganz tief in die Ironiekiste. Unbeirrt lässt er seinen akademisch ausgebildeten Helden die soziale Leiter hinabsteigen. Doch nicht der Verlust irgendwelcher materiellen Werte lässt ihn verzweifeln, sondern die Hoffnungslosigkeit die ihm, dem Mann, dem bisher alle Türen geöffnet wurden, ohne passenden Schlüssel vor den Toren der Zukunft leiden lassen. Helon Habila hat mit „Öl auf Wasser“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass ihm gesellschaftliche Themen am Herzen liegen. Und dass er sie schwungvoll einem breiten Publikum vermitteln kann. Mit „Reisen“ verfolgt er ganz stringent einen Mann, dem das Leben ins Gesicht spuckt. Zuerst mit kleinen Nickligkeiten. Die nimmt man unüberlegt als gegeben hin. Doch wie unser Held stolpert man als Leser gleichsam in einen Strudel aus Korruption, Vorurteilen und Hoffnungslosigkeit, dem man sich nicht entziehen kann. Wäre es nicht so traurig – wie unsere Welt ist – man könnte stundenlang darüber lachen. Es liegt an einem selbst, wie sehr man dem nachgibt.
Nigeria: Das Delta des Niger wird von Ölkonzernen konsequent ausgebeutet. Die ansässige Bevölkerung wehrt sich zunehmend dagegen und gründet Rebellengruppen, die gegen die Regierung und die Ölmultis kämpfen. Ein bewährtes Mittel zur Finanzierung ist die Entführung von ausländischen Konzernmitarbeitern oder deren Angehörigen. Der junge Reporter Rufus und sein erfahrener Kollege Zaq wittern im Zusammenhang mit der Entführung einer Engländerin eine gute Story, zudem hat auch ihr Mann die beiden um Hilfe gebeten hat. Mit Hilfe von einheimischen Bootsführern dringen die Journalistin immer tiefer ins Delta vor und damit in eine undurchsichtige, umkämpfte und zunehmend geschundene Umgebung.
Öl auf Wasser erschien erstmals 2012 im Verlag Das Wunderhorn und gewann überraschend auch den Deutschen Krimipreis. Nun erschien er als Taschenbuch im Unionsverlag. Das Besondere am Roman ist sicherlich auch das Thema, über das man in Europa zumindest in fiktionaler Form nur selten liest: Die innerstaatlichen Konflikte im nigerianischen Nigerdelta vor dem Hintergrund der dortigen großflächigen Ölexploration ausländischer Konzerne mit erheblichen negativen Umwelteffekten. Was dieser Roman denn auch sehr gut beherrscht ist die Balance zwischen politischen und gesellschaftlichen Themen und den Stimmungen der Hauptpersonen. Der Autor verzichtet auf allzu plakativen moralischen Darstellungen, schildert vielmehr die Realitäten von Gewalt und Gegengewalt und vor allem der Zerstörung einer Lebensgrundlage für die dort lebenden Menschen.
Zu Beginn erinnert der Roman an Joseph Conrad Herz der Finsternis. Eine Fahrt auf einem kleinen Boot im Nigerdelta, ölverschmutzte Ufer, verlassene Dörfer, hell leuchtende Abgasfackeln. Erzählt wird aus der Perspektive von Rufus, allerdings nicht chronologisch, immer wieder werden Einschübe aus der Vergangenheit eingeschoben. Das macht den Roman etwas sperrig und lässt die Spannungskurve abflachen. Somit ist dieses Buch weniger etwas für Fans klassischer Krimis, sondern eher für literarisch anspruchsvollere Liebhaber hintergründiger Darstellungen. Ich fand es aber auf jeden Fall lesenswert.
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