Tommaso Campanella

 3,6 Sterne bei 14 Bewertungen
Autor*in von Die Sonnenstadt, Der Sonnenstaat und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Campanella wurde am 5. September 1568 in Stilo im südlichen Kalabrien geboren und sieben Tage später auf den Namen Giovan Domenico getauft. Aus einfachsten Verhältnissen stammend, sein Vater war Schuster, fiel er schon als Kind durch eine außergewöhnliche Intelligenz und Aufnahmefähigkeit sowie ein phänomenales Gedächtnis auf. Seine Familie plante für ihn eine juristische Laufbahn, Giovan Domenico indes begeisterte sich für Leben und Werk der großen Theologen Albertus Magnus und Thomas von Aquin und trat schließlich, veranlasst durch die Predigten eines Dominikaner, in diesen Orden ein. Er wurde in einen Hochverratsprozess verwickelt, von der Inquisition gefoltert und geriet in geistige Verwirrung. Er starb am 21. Mai 1639 in Paris.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Tommaso Campanella

Cover des Buches Die Sonnenstadt (ISBN: 9783150185100)

Die Sonnenstadt

 (3)
Erschienen am 01.06.2008
Cover des Buches Der Sonnenstaat (ISBN: 9783962860233)

Der Sonnenstaat

 (0)
Erschienen am 01.07.2020

Neue Rezensionen zu Tommaso Campanella

Cover des Buches Die Sonnenstadt (ISBN: 9783150185100)
cynthors avatar

Rezension zu "Die Sonnenstadt" von Tommaso Campanella

Klassische Utopie
cynthorvor 7 Jahren

Inhalt

Ein Seemann erzählt seinem Gastgeber von seinen Reisen und berichtet insbesondere von seinem Aufenthalt in der Sonnenstadt, einem utopischen Stadtstaat.

Meinung

Auch wenn Campanellas Sonnenstadt viele Parallelen zu Morus Utopia aufweist, unterscheiden sie sich doch in wichtigen Details.
Während bei Morus alle Religionen gleichberechtigt sind, wird die Sonnenstadt theokratisch beherrscht, d.h. der „Regierungschef“, als Sonne bezeichnet, ist gleichzeitig auch oberster Priester, der mit einem Beratergremium von drei Mann, deren Titel bzw. Ansprache Macht, Weisheit und Liebe sind, die Geschicke des Sonnenstaates lenkt. Diese drei haben auch die Befehlsgewalt über die entsprechenden Regierungsbereiche: Macht kümmert sich um Kriegsangelegenheiten, Liebe um die Kinder und deren Zeugung (dazu später mehr), Weisheit schließlich um die Bildung. Diese wird mit einem großen Fokus auf die Allgemeinbildung vermittelt, Kinder lernen von klein auf die wesentlichen Erkenntnisse kennen, die die Bewohner des Sonnenstaats erlangt haben. Interessanterweise sind diese an die steinernen Ringwände der Stadt geschrieben und gemalt. Mein Religionslehrer sagte immer, dass die Kirchengemälde das Fernsehen des Mittelalters waren, die Malereien der Sonnenstadt stellten dann sozusagen das antike „Fernsehprogramm“  dar - ein Vergleich zum heutigen ist an dieser Stelle wohl überflüssig.

Das Zeugungsprogramm der Stadtbewohner und ihr Versuch, mittels vorgeschriebenen Fortpflanzungspartnern eine „neue, starke Menschenrasse“ zu züchten, wie man heute sagen würde, ist dann schon wieder überaus fragwürdig. Nicht ganz so stark wie der Vorläufer, gibt trotzdem Stoff zum Nachdenken.

Sonnige Tage und erholsame Nächte!

PS: Wem der Stil meiner Rezension bzw. die Auswahl der vorgestellten Bücher gefällt, findet auf meinem Blog (https://cynthor.wordpress.com) weitere „Bücherschätze“ und auch Infos zu meinem eigenen gesellschaftskritischen Fantasy-Roman „Ethopia – Erwachen“.

Cover des Buches Der utopische Staat (ISBN: 9783499450686)
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Rezension zu "Der utopische Staat" von Thomas Morus

Rezension zu "Der utopische Staat" von Thomas Morus
kiraravor 13 Jahren

Gelesen habe ich nur Morus Utopia, allerdings war das schon genug. Eigentlich habe ich mich darauf gefreut, weil es eines der wichtigsten philosopischen und ethischen Lektüren des Mittelalters ist. Allerdings ist es gerade wohl deshalb 1. ziemlich mühsam zu lesen und 2. sieht auch Morus die ärmeren Leute nicht als ebenbürtig an, so jedenfalls habe ich es aufgefasst. Er steht für Gleichberichtigung ein, jedoch sind die Leute des Proletariats Menschen, die erzogen und gebildet werden müssen wie Kinder, während die obere Schicht als Erwachsene gelten. Das ist aber zu Morus Zeit üblich, diese Sichtweise. Dennoch - immerhin, er erkennt sie als Menschen, das war zur damaligen Zeit schon ein Schritt vorwärts.

Cover des Buches Die Sonnenstadt (ISBN: 9783150185100)
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Rezension zu "Die Sonnenstadt" von Tommaso Campanella

Rezension zu "Die Sonnenstadt" von Tommaso Campanella
cicerovor 14 Jahren

Campanellas Sonnenstadt als Brutstätte sozialistischen Denkens:
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Der Text "Die Sonnenstadt", oft fälschlich als "Sonnenstaat" übersetzt, ist das politische Programm eines praktizierenden Sozialrevolutionärs. Es ist keine satirische Schrift wie die "Utopia" des Thomas Morus, der seiner Zeit ironisch den Spiegel vorhalten wollte und nicht ernsthaft an die Verwirklichung seiner Ideen dachte. Und es ist auch keine Wissenschaftsvision wie das "Neu-Atlantis" von Francis Bacon, wo der Schwerpunkt auf noch zu machenden Erfindungen liegt. Campanella zählt an Techniken und Methoden nur auf, was die Renaissance bereits zu bieten hatte, bis hin zur Idee der Flugmaschinen.
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Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die sozialen Verhältnisse, die in herzlich naiver Weise einen lupenreinen Sozialismus propagieren. Es ist für den modernen Leser ganz und gar erstaunlich, wie exemplarisch die einzelnen Aspekte des Sozialismus in dieser Schrift Puntk für Punkt abgehandelt werden:
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Niemand besitzt etwas für sich, alle bekommen das Ihre von den Beamten zugeteilt. Die Menschen seien durch Besitzlosigkeit zum Gemeinsinn befreit. Die Familie ist aufgelöst. Geschlechtsverkehr findet ausschließlich zur Triebbefriedigung und zur Fortpflanzung statt, wobei die Partner von Beamten ausgewählt werden. Die Kinder werden gemeinschaftlich erzogen. Liebe spielt sich nur auf platonischer Ebene ab, Eifersucht gäbe es nicht. Es gibt keine schweren Verbrechen, da die Menschen zu höchstem Edelsinn befreit seien. Eine Erbsünde, d.h. eine grundsätzliche Verstricktheit des Menschen in das Böse, gäbe es nicht, sondern Fehler und Verbrechen seien immer eine Folge falscher Erziehung, falscher gesellschaftlicher Verhältnisse usw. und damit grundsätzlich beseitigbar. Die Herrscher gäben ihr Amt freiwillig ab, wenn sich jemand fände, der weiser ist als sie. Die Menschen strebten alle voller Eifer nach Bildung und Pflichterfüllung für die Gemeinschaft. Eigeninitiative ist nicht vorgesehen, individuelle Begabungen sind darauf angewiesen, von Beamten erkannt und gefördert zu werden.
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Es ist kein Zufall, dass Campanella Aristoteles grundsätzlich ablehnt und schmäht. Ein realistischer Einwand des Aristoteles, der stellvertretend die ganze Kritik an solchen sozialistischen Blütenträumen repräsentiert, dass nämlich der Eine immer darauf warte, dass ein anderer die Arbeit für ihn tue, wird kurz abgetan. Der Realist Aristoteles wird von Campanella als Pedant verschrieen.
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Damit wird auch deutlich, dass Campanellas Naivität nicht verzeihlich ist. Manche meinen ihn entschuldigen zu müssen, weil er ein so früher Denker sei, dass er noch nicht wissen konnte, wie der Sozialismus an der Realität scheitern wird. Doch dies ist unzutreffend. Man hat dies schon immer gewusst und wissen können. Da ist es auch keine Entschuldigung, dass die spanische oder kirchliche Herrschaft zu seiner Zeit nach einer Revolution schrie. Eine Revolution muss keine sozialistische Revolution sein, wenn sie z.B. humanistisch orientiert ist und Athen und Rom vor Augen hat, was der Zeit Campanellas nicht ferngelegen hätte.
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Was aber hatte Campanella dann vor Augen, wenn nicht Athen oder Rom? Woher kommen überhaupt seine sozialistischen Ideen? Es wird deutlich in seinen Worten von den vielen Gliedern des einen Gemeinwesens, einem Wort des Apostels Paulus, das das ideale Zusammenwirken aller Gläubigen in der heiligen Gemeinschaft der Kirche beschreibt. Campanellas Sonnenstadt folgt ganz offensichtlich dem christlich-religiösen Ideal der idealen Gemeinschaft der Gläubigen unter einer perfekt funktionierenden Hierarchie! Wahrhaft aufklärerisches Denken sieht anders aus. Selten hat sich die These, dass der Sozialismus eine säkularisierte Wendung des christlich-religiösen Glaubens ist, so bestätigt gefunden wie hier. Hier bei Campanella sind wir ganz dicht dran an der originalen Brutstätte der sozialistischen Ideen.
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Einige bemerkenswerte Einzelaspekte: Völlig befremdlich ist die Ausgestaltung der Strafen in der Sonnenstadt; sie sehen alles andere als zivilisiert aus, sondern erinnern an archaische Stammestraditionen: Es gibt die kollektive Steinigung, Verbrennen, Todesstrafe ohne vorherige Diskussion, für die Wahrheitsfindung nutzlose Mindestanzahlen von Zeugen, und unbeweisbare Anklagen fallen auf den Ankläger zurück. Im Übrigen gilt das Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn. - Bei Campanella sieht man sehr eindrücklich, wie Astrologie und Astronomie noch eine gemeinsame Wissenschaft bilden. Neue Erkenntnisse über Himmelsmechanik und Zeichendeutung gehen hier noch Hand in Hand. Gegen Ende schweift der Text sogar vom Thema der Sonnenstadt ab und verliert sich in astrologischen Prophezeiungen über die Zukunft Europas.
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Hat die Sonnenstadt etwas mit Platons Atlantis zu tun? Nein.
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Der Stadtgrundriss der Sonnenstadt mit ihren sieben Mauerringen auf einem Hügel, die den sieben Planeten zugeordnet sind, gleicht verblüffend der Stadt Ekbatana, wie sie von Herodot beschrieben wird, nicht jedoch Platons Atlantis, das drei Ringe von Wasser und Land um einen Hügel herum aufweist. Der Tempel in der Mitte hat nichts mit Platons Atlantis zu tun, ebenso wenig der Kult der Sonnenstadt. Wasserringe tauchen auch keine auf, lediglich Burggräben, was etwas völlig anderes ist. Auch sonst weist nichts auf Atlantis: Keine rechteckige Ebene, keine Lage am Rande der Ebene, kein schwarz-weiß-rotes Gestein, keine zwei Quellen, keine Gründungslegende mit fünf Zwillingspaaren, und auch kein Sittenverfall gefolgt von einem Angriff auf den Rest der Welt. Campanella macht zwar zahlreiche Anleihen bei Platon, jedoch nur bei dessen Staatsutopie Politeia, nicht aber bei dessen Atlantis-Dialogen. Zumal Atlantis bei Platon ja auch nicht positiv sondern negativ gezeichnet wird.
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Eindeutig erkennbar sind Anleihen bei der Utopie des Thomas Morus, vor allem was die Rahmenhandlung betrifft. Dabei ist die Utopie des Thomas Morus selbst wiederum eine Karikatur der britischen Insel, nicht aber der Insel Atlantis. Es wäre also schlicht falsch zu behaupten, Campanella hätte sich zu seiner Sonnenstadt von Platons Atlantis inspirieren lassen. Ein solcher Zusammenhang ist nirgends erkennbar.
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Für die Aufarbeitung und Präsentation des Textes mit Anmerkungen und Nachwort gibt es vier von fünf Punkten; ein Punkt Abzug für ein zu großes Verständnis für die gefährlichen Ideen Campanellas.

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