Rezension zu "Unerwartet schöne Tage" von Katharine Noel
Angela, genannt Angie, sollte eigentlich keine Probleme im Leben haben. Sie ist erfolgreicher Schwimmstar und bricht Rekorde, ist gut in der Schule und hat eine liebevolle Familie. Doch als Angie einen Nervenzusammenbruch erleidet und in die Klinik eingewiesen wird, folgt die gravierende Diagnose. Angie hat Borderline und von da an bestimmen der Wechsel zwischen manischen und depressiven Stimmungsepisoden ihr Leben und das ihrer Familie. Bald schon stößt die ehemals heile Familie an ihre Grenzen: Durch die Belastungen von Angies Krankheit flüchtet sich ihre Mutter in eine Affäre mit einem jüngeren Mann, die Ehe der Eltern zerbricht langsam. Auch Angies Bruder hat unter der Situation zu leiden, denn schon immer stand Angie im Vordergrund. Trotz allem bleibt Angie die Unterstützung durch ihre Familie erhalten. Und gemeinsam erkennen sie, als die letzte Hoffnung aufgebraucht ist, dass auf die gemeinsam durchgestandenen Tiefpunkte, dem drohenden Zerbrechen Angies und ihrer Familie doch noch "unerwartet schöne Tage" folgen.
Katherine Noel gelingt es in dem Buch gut, das Leiden der ganzen Familie unter der Krankheit darzustellen. Die psychische Krankheit der Tochter schafft es, dass ganze heile Familienleben von heute auf morgen auf den Kopf zu stellen und sogar die Beziehung der Eltern zu hinterfragen. Dabei erhält der Leser ausführliche Beschreibungen über das Beziehungsleben der Familie. Wie die Eltern sich kennenlernten, die Beziehungen des Bruders zu seinen Freundinnen, alles wird unter dem Kontext von Angies Erkrankung neu betrachtet und beeinflusst. Das hat jedoch oft ausschweifende Passagen zur Folge, die einen als Leser schnell langweilen, denn man möchte eingentlich mehr über Angies Umgang mit der Krankheit und ihr persönliches Empfinden, ihren persönlichen Kampf mit der Krankheit erfahren. Obwohl dies auch thematisiert wird, liegt der Schwerpunkt des Buches auf den Folgen der Krankheit für das Familienleben. Dabei spielt es meines Erachtens keine Rolle, dass Angie an Borderline erkrankt ist, genauso gut hätte sie an Schizophrenie oder einer anderen schwerwiegenden Erkrankung leiden können, die Folgen für die Familie wären sicherlich sehr ähnlich. Wer das Buch also aus Interesse an der Krankheit Borderline lesen möchte, wird sicherlich enttäuscht sein, das Buch ist eher als Lektüre über ein außergewöhnliches, schwer zu tragendes Familienschicksal zu empfehlen.