„Die kleine Hexe“, „Das kleine Gespenst“, „Der kleine Wassermann“, „Hotzenplotz“ wer kenn sie nicht diese Geschichten, die in so vielen Kinder- und Jungendzimmern zu Hause sind.
Doch wer ist die Person hinter den Geschichten? Wer ist dieser Otfried Preussler?
Tilman Speckelsen (Literaturredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung) hat sich auf die Spuren von Preussler begeben und eine sehr intensive Recherche betrieben. So hat ihm die Familie Preusslers Einblicke in den Nachlass gewährt und er hat private und geschäftliche Korrespondenz durchgearbeitet.
Stück für Stück zeichnet er das Leben eines faszinierenden Menschen nach: Familienvater, Lehrer, Schulleiter und leidenschaftlicher Autor. Das sind sicher Elemente, die sich Leserinnen und Leser noch gut vorstellen können. Doch es gibt auch die dunkle Seite im Leben Preusslers, die man heutzutage gar nicht mehr vorstellen kann: als ganz junger Mann wurde Preussler eingezogen und musste im zweiten Weltkrieg an die Front, kam in eine lange russische Kriegsgefangenschaft, die er ausgezehrt und gesundheitlich gezeichnet überlebte. Wie bedrückend muss der Weg nach der Gefangenschaft über Tschechien und Frankfurt an der Oder ins bayrische Rosenheim gewesen sein – ein Weg in die Freiheit, doch ohne zu wissen, wie man seine Lieben antreffen würde. Ich fand es unglaublich beeindruckend, wie dieser Mann den Horror des Krieges hinter sich lassen konnte und zu so einen engagierten Pädagogen und Autoren wertvoller Geschichten wurde.
Speckelsen lässt allerdings nicht nur das Leben Preusslers Revue passieren, sondern wirft auch einen ausführlichen Blick auf die Geschichten, die aus Preusslers Feder geflossen sind. So erfährt man beim Lesen viele Hintergründe zu den berühmten Geschichten und ich werde sicher die alten Kinderbücher ein weiteres Mal zur Hand nehmen und darin lesen. Denn was mich bei den Geschichten immer fasziniert hat: es sind keine einfachen Kindergeschichten, sondern Erzählungen von starken Persönlichkeiten, die Kindern (und auch Erwachsenen) aufzeigen, wie wichtig es ist, für sich selbst einzustehen und immer für das Gute einzutreten. Auch Preussler musste in seinem Leben immer wieder mit Gegenwind kämpfen und für sich selbst immer wieder einstehen. Kein Wunder, dass er diese (Lebens-)Erfahrung auch seinen Leserinnen und Lesern mitgeben möchte.
Ein großes Dankeschön an Tillman Speckelsen, der durch seine gute, tiefgehende Recherche und die Art, wie er eine so spannende Reise durch das Leben Preusslers gestaltet hat, eine Annährung an diese faszinierende Persönlichkeit möglich gemacht hat. Durch sein Buch kommt man dem Autoren nahe und ich finde, auch das Cover trägt dazu bei: der lächelnde Preussler an seinem Schreibtisch, es wirkt fast so, als würde er direkt mit dem sprechen, der das Buch in die Hand nimmt. Ich hatte nie die Gelegenheit, ihm persönlich zu begegnen und bedauere das nach der Lektüre dieser Biografie sehr. Gerne hätte ich mit ihm über sein Leben, seine Erfahrungen und seine Geschichten gesprochen.
Wer die Geschichten von Preussler liebt, der sollte auf jeden Fall einen Blick in die Biografie werfen. Doch auch alle, die sich für Zeitgeschichte interessieren finden in den Werk Speckelsens viele interessante Informationen und Denkanstöße.
Ich