Bewertung zu "Archibald Leach und die Monstrositäten des Marquis de Mortemarte" von Markus Cremer
Mit dem ersten Band der Archibald Leach Reihe entstand der zweite Backstein im Art Skript Phantastik Verlag. Nach Unruh trumpft dieses Buch mit schlanken 600 Seiten auf. Damit ist es erstmal nichts, für Leser, die in das Genre Steampunk hinein schnuppern wollen. Aber Fans, die Archibald Leach schon aus seinen Kurzgeschichten kennen, kommen hier auf ihre Kosten.
Ganz Europa ist in Aufruhe, als ein wahnsinniger Franzose droht, alle Menschen in animalische Kreaturen zu verwandeln mit Hilfe von Aether und Voodoomagie. Als dann auch noch Archibalds Onkel wegen einer seiner verrückten Erfindungen in Gefahr gerät, kann sich der eigensinnige Gentleman diesem Fall nicht entziehen und macht Jagd auf den Marquis. Die Reise führt ihnen quer über den Globus und dabei müssen immer wieder Steine weg geräumt werden, die man Archibald und seiner Gefährtin Sarah in den Weg wirft. Dabei treffen sie auf geheimnisvolle Voodoohexen, furchteinflössende Luftpiraten und abenteuerliche Monsterjäger.
Die Story wird aus der Sicht von Sarah Goldberg erzählt, die Archibald mal wieder bei seinem kuriosen Abenteuer zur Seite steht. Die meisten Kapitel beinhalten sogar ein spitzzüngiges Vorwort von ihr. Das mag natürlich am Anfang vielleicht etwas irritieren, schließlich ist Archibald der eigentliche "Held", aber wer kann nicht am besten über ihn berichten, als seine langjährige Partnerin?
Sarahs Sicht ist oft sehr amüsant, manchmal auch frech und immer sehr weltoffen. Sie ist einem direkt sehr sympathisch, da sie trotz der gesellschaftlichen Regeln eine sehr moderne Frau ist. Dies liegt vielleicht auch daran, dass sie in der Gesellschaft als Außenseiterin gilt, und so einen ganz anderen Blickwinkel hat.
Oft verdrängt ihr starker Charakter Archibald in den Hintergrund. Das ist aber nicht wirklich unangenehm. Sarah ist eine Heldin, der man gerne folgt. Archibald bleibt dadurch leider recht blass. Manchmal hätte ich doch gerne mehr über ihn erfahren oder was gerade in ihm vorgeht. Da nicht alle Kapitel aus Sarahs Sicht sind (manchmal springt man zu Attentäterinnen, der Queen oder dem Bösewicht), wäre vielleicht auch das ein oder andere Kapitel aus Archibalds Sicht mal ganz interessant gewesen.
Gerade viele der Nebencharaktere sind unheimlich spannend. Ich mochte die Attentäterinnen der Schatten, die eine ordentliche Spur Erotik mit ins Buch brachten, aber auch Rashinda und ihre Piraten fand ich großartig oder die etwas gealterten Monsterjäger. Man mag sie alle direkt und möchte mehr über sie erfahren.
Die Steampunkwelt ist grandios konstruiert. Es macht Spaß in ein anderes Jahrhundert einzutauchen, das voller ausgefallener Erfindungen steckt. Reisemittel, Bewaffnung und viele kleine Erfindungen machen die Welt greifbar und schmücken sie aus. Es war eine tolle Mischung aus Technik und Magie.
Der Stil ist fesselnd, witzig, mit Anspielungen auf verschiedene Dinge gespickt. Markus Cremer gelingt es schnell eine spannende Geschichte zu stricken, so dass man Sarah und Archibald überall hin folgen will. Mit dem Marquis konstruiert er einen großartigen Bösewicht. Ich mag es, wenn sie nicht einfach nur böse sind, sondern auch Hintergrund bekommen. Das ist hier auf jeden Fall gelungen, ohne dass er sich zum Antihelden entwickelt. Man kann ihn für seine Bösartigkeit einfach hassen.
In der Mitte allerdings kam bei mir eine kleine Leseflaute auf. Der Plot zog sich. Ich hatte das Gefühl, die Helden sind vom Weg abgekommen und verheddern sich gerade in unwichtigen Nebensträngen. Dadurch hatte ich zeitweise keine Lust zu lesen oder es zog sich ewig und ich brauchte wahnsinnig lange für ein paar Seiten.
Ab dem kleinen Zwischenfinale in Afrika jedoch nimmt das Buch wieder richtig Fahrt auf und ich habe den Rest des Buches im Laufe eines Tages gefressen.
Das Ende ist einfach nur Zucker verspricht mehr. Und ich will definitiv mehr!
Fazit: Wer die Kurzgeschichten von Archibald Leach kennt und liebt, sollte bei diesem Buch direkt zugreifen! Eine spannende Story quer über den Globus mit Witz, Magie und einem Hauch Liebe. Da ist für jeden was dabei. Fans des Steampunk tauchen in eine liebevoll gestaltete Welt ein. Von diesem Duo bekommt man nicht genug.