So lautet der Originaltitel dieses Buches. Man muss es lesen, wenigstens bis zur Seite 70, wenn man verstehen will, um was es Michael Lewis tatsächlich geht. Für die deutsche Ausgabe wurde der Originaltitel so verändert, dass man dem potentiellen Leser glauben machen kann, es handele sich hier um eines der vielen Anti-Trump-Bücher. Und wer nicht gleich auf die Suggestion hereinfällt, der muss das Buch nur umdrehen. Dort wird die Absicht nicht mehr versteckt. Trump bedroht die Welt. Er hat keinen Plan. Alles geht drunter und drüber. Und in großer Schrift kommt die New York Times zu Wort. Dies, so liest man, ist angeblich das ambitionierteste und wichtigste Buch von Lewis. Darüber kann man geteilter Meinung sein. Das Buch ist nicht schlecht, aber ich fand andere dann doch besser.
Was ist nun also das fünfte Risiko? Es wird im Buch so definiert: "Es ist das Risiko, das entsteht, wenn es sich eine Gesellschaft zur Gewohnheit macht, langfristigen Bedrohungen mit kurzfristigen Lösungen zu begegnen." Der Kontext, in dem dieses Risiko erklärt wird, hat nichts mit Donald Trump zu tun. Jedenfalls nicht direkt. Vielmehr geht es um die Plutonium-Produktion in den USA, die einst in Hanford in der Nähe des Columbia Rivers stattfand. Nun muss man den ganzen Komplex vollständig sanieren. Jahrelang wurden konsequente und nachhaltige Lösungen vermieden. Natürlich nicht durch Donald Trump, der wahrscheinlich noch nicht einmal weiß, um was es hier eigentlich geht: der massive radioaktive Dreck droht unterirdisch in den Fluss zu gelangen.
Lewis beschäftigt sich in diesem Buch in Wirklichkeit also damit, wie der Staat arbeitet und demonstriert dies am Beispiel von drei Ministerien, die er besucht hat. Natürlich gibt es einen Zusammenhang zu Trump. Kommt es zu einem Regierungswechsel, dann müssen Ministerien und andere Behörden von den neuen Machthabern übernommen werden. Anders als in Deutschland scheint das in den USA ein heftiges Problem zu sein, denn es geht auch um ganz andere Dimensionen. Das Energieministerium der USA beschäftigt weit über 100.000 Mitarbeiter, direkt und in nachgeordneten, aber sehr wichtigen Behörden. Ihm untersteht zum Beispiel Hanford.
In den USA gibt es inzwischen ein Gesetz, dass potentiellen Präsidentschaftskandidaten ab einem gewissen Zeitraum vor der Wahl vorschreibt, ein Team zu benennen, das eigentlich aus Fachleuten bestehen sollte, und das sich auf den reibungslosen Übergang der Macht vorzubereiten habe. Es umfasst in der Regel mehrere hundert Leute. Trump wollte das nicht. Und offensichtlich war seine Mannschaft damit auch erheblich überfordert. Wie Lewis berichtet, fand eine wirkliche Übergabe der Macht nicht statt, weil Trumps Abgesandte überhaupt keine Vorstellungen über ihre Aufgabe besaßen. Von Fachwissen ganz zu schweigen.
Lewis beschreibt nun, was in den drei von ihm besuchten Ministerien gemacht wird und welche Auswirkungen die fehlende Kompetenz der Trump-Leute und möglicherweise andere Schwerpunktsetzungen wohl haben könnten. Diese spezielle Beschreibung ist jedoch, wenn man die Dinge einmal abstrakter sieht, nur ein Beispiel für ein generelles Problem, das Lewis eben mit dem fünften Risiko beschreibt. Politiker denken nicht langfristig, was nicht unbedingt an ihnen liegt, sondern am System. Schließlich brauchen sie kurzfristige Resultate, die sie dem Wähler als ihre grandiosen Leistungen verkaufen können. Leider geht dies meistens auch auf. Man spekuliert mit dem Vergessen oder damit dass man sich nicht mehr mit den Dingen befassen muss, sollte die langsam brennende Zündschnur dann doch einmal die gelegte Sprengladung erreichen.
Trump ist insofern kein Einzelfall, sondern nur jemand, an dem man sich abarbeiten kann, weil er dafür besonders steile Vorlagen bietet. Weil er ein offensichtlicher Bruch im System ist, glaubt man, dass man ihn so vorführen kann. Im propagandistischen Eifer wird dabei allerdings übersehen, dass er nur ein besonders drastisches Beispiel für ein generelles Problem ist. Und das sucht auch Deutschland heim. Man könnte das ganze Alphabet herunterbeten. Beim zweiten Buchstaben fallen mir zum Beispiel sofort Bahn, Banken, Brücken und Bundeswehr ein. Kurzfristiges Herumdoktern bringt langfristig erhebliche Probleme. Das fünfte Risiko eben. In Deutschland nennt man das in bestimmten Fällen "Zeit kaufen" und ist auch noch stolz darauf.
Außer dem Energieministerium besuchte Lewis noch das Landwirtschafts- und das Handelsministerium, um dort ähnliche Probleme festzustellen. In allen drei Fällen ist man als Europäer schon ziemlich erstaunt, was in den genannten Ministerien so alles verwaltet wird. Im letzten Fall, bei dem Trump fast gar keine Rolle spielt, geht es nur zu zehn Prozent um den Handel und ansonsten fast nur um Datenerhebungen.
Kurz gesagt: Das Buch ist schon interessant und wie immer bei Lewis gut geschrieben, erfüllt aber nur zu einem gewissen Teil die Erwartungen einer gnadenlosen Abrechnung mit dem jetzigen US-Präsidenten. Vielmehr weist es auf ein generelles Stabilitätsproblem des Staates hin, wenn in kurzen Abständen die komplette Führung und die Richtungen staatstragender Einrichtungen ausgewechselt werden. Wer übrigens gerne mit dem Finger auf Trump zeigt, sollte sich auch einmal hierzulande umsehen. Kompetenz ist auch in Deutschland offenbar nicht breit gestreut. Das fünfte Risiko beschränkt sich wohl kaum allein auf Donald Trump.