Bewertung zu "Das Zehn-Minuten-Projekt" von Chiara Gamberale
„Armes Nilpferd… Rein oder raus, aber wenn du in der Zootür stehen bleibst, blockierst du mir den Verkehr.“ - Das 10-Minuten-Projekt, S. 148
Der von der Italienerin Chiara Gamberale geschriebene Roman „Das 10-Minuten-Projekt“ (erschienen im Oktober 2015 im Bloomsbury Berlin-Verlag) erzählt die Geschichte einer jungen Frau, geprägt von einschneidenden Schicksalsschlägen und einem teils steinigen, teils erheiternden Weg in Richtung neue Lebensfreude.
Das Leben scheint besser nicht laufen zu können für Chiara: Seit fast achtzehn Jahren bereichert eine glückliche Partnerschaft und schließlich Ehe ihren Alltag, sie verfolgt eine Karriere als Schriftstellerin und mit „Sonntagsessen“ ist sie zudem auch noch Autorin einer angesagten Kolumne in der Wochenendzeitung Roms. Doch so oft das Leben einem auch Rosen schenkt, irgendwann kommt der Tag, an dem man sich an den Dornen sticht. Die plötzliche Trennung von ihrem Mann, der per Telefon die Beziehung der beiden beendet, der Verlust ihrer Kolumne, die – welch Ironie – durch einen Liebeskummerkasten ersetzt wird, und die Tatsache, dass sie in einer Stadt wohnt, in der ein erfülltes Leben ihrer Meinung nach unmöglich ist und auf die sie sich einfach nicht einlassen kann, lassen sie in einem tiefen emotionalen Loch versinken, aus dem es scheinbar keinen Ausweg gibt. Durch ein spannendes Experiment jedoch, welches ihre Therapeutin veranlasst, begibt sich Chiara erneut auf die Suche, nach dem Sinn des Lebens. Einen Monat lang jeden Tag für zehn Minuten etwas vollkommen Neues auszuprobieren, was sie noch nie zuvor getan hat, soll ihr helfen, zurück zu sich selbst zu finden und das Leben wieder zu genießen.
Als eine Art Tagebuch angelegt, schreibt Chiara (Autorin), wie Chiara (Protagonistin) sich jeden Tag einer neuen Challenge stellt. Ob die Autorin sich dabei selbst in der Rolle der Chiara befindet und es somit eine Autobiografie ist, erfährt man hier jedoch an keiner Stelle.
Jedem Tag des Projektes ist ein einzelnes Kapitel gewidmet, welches mal länger und mal ziemlich kurz ausfallen kann. Teilweise gibt es auch Kapitel in der Länge von gerade einmal einer Seite, wodurch es zwar nicht schwer fällt, der Handlung zu folgen, jedoch kann man sich kaum richtig auf eine Situation bzw. eine Aufgabe einlassen. Denn diese wird sehr zügig und oberflächlich abgehandelt. Auch die Figuren kommen dadurch etwas zu kurz. Längere Kapitel mit mehr Tiefe bieten eine tiefgründigere Auseinandersetzung mit sowohl den Figuren, als auch deren Handlungen. Aus diesem Grund erscheinen die Charaktere im Ganzen etwas farblos.
Abwechslung dagegen bringen die Rückblicke in Chiaras Vergangenheit, die an unterschiedlichen Stellen in mehreren Kapiteln untergebracht sind. Da all diese Informationen nicht direkt am Anfang gegeben werden, hat man so die Chance, Chiara nach und nach besser kennen zu lernen, wodurch sich der Charakter allmählich mit etwas mehr Farbe füllt.
Somit ist der Schreibstil durchaus ansprechend und die Handlung gut nachvollziehbar, haut aber im Ganzen betrachtet nicht wirklich vom Hocker.
Die Aufmachung des Buches harmoniert sehr gut mit dem, was drin steckt. Viele bunte Pünktchen und eine geschwungene Schrift zieren den Einband, welcher somit farbenfroh und dynamisch wirkt. Die Freude am Leben spiegelt sich praktisch darin. Zudem sticht der Titel sofort ins Auge und stellt einen direkten Bezug zum Thema des Romans her. Das eigentliche Hardcover unter dem Schutzeinband ist pink, passend zu Teilen der Handlung selbst. Außerdem ist ein praktisches Lesebändchen vorhanden, was ganz vorteilhaft ist, wenn man mal kein Lesezeichen zur Hand hat.
Um ein Fazit aus all dem zu ziehen, kann man sagen, dass die Grundidee an sich sehr gut ist und auf jeden Fall Potential hat. Durch kurzgehaltene Kapitel lässt sich das Buch schnell lesen und kann somit als Lektüre für Zwischendurch dienen. Es ist ansprechend gestaltet und geschrieben, jedoch nicht durchgehend fesselnd. Auch wenn es an einigen Stellen an Tiefe fehlt, ist die Gesamtbotschaft zu erkennen, doch durch das teils oberflächliche Abhandeln, kann man leicht die Lust am Lesen verlieren. Lässt man sich allerdings selbst auf die Challenges ein, kann es zu einem äußerst amüsanten und überraschenden Leseerlebnis werden und jedes Kapitel, jede Challenge regt zum Nachdenken an. Das Buch bleibt also eher im Gedächtnis, wenn man sich selbst den Aufgaben widmet und versucht, diese ebenfalls zu erfüllen, als wenn man es schlichtweg nur liest.
Aus diesen Gründen bekommt das Buch von mir 3/5 Sternen. Unter der Bedingung, die Challenges selbst anzugehen, würde ich 4/5 Sternen geben, da es amüsant ist und das Buch viel tiefer auf einen wirkt.