Inhalt:
"Mein Name ist David James Forrester. Ich bin Anwalt. Heute Abend um 18 Uhr 10 habe ich meine Frau getötet. Dies ist meine Aussage."
Der erfolgreiche Anwalt David Forrester hat gerade seine Frau Elle getötet. Sie liegt tot in der WaschkĂŒche ihres gemeinsamen Hauses. Mit dem DiktiergerĂ€t in der Hand irrt David nun verzweifelt durch Melbourne, nimmt seine Aussage auf und ĂŒberlegt sich eine Verteidigungsstrategie. Dabei lĂ€sst er die vergangenen zwei Jahre noch einmal Revue passieren. Er konnte sein GlĂŒck kaum fassen, als er Elle damals kennenlernte und nach seiner gescheiterten Ehe mit zweiundvierzig Jahren noch einmal eine neue Liebe fand. Ihre Beziehung war leidenschaftlich, geradezu obsessiv, und David war hingerissen von der Schönheit, Intelligenz und StĂ€rke seiner Frau. Er hatte sie geliebt, also wie konnte es ĂŒberhaupt soweit kommen?
Meine persönliche Meinung:
Ich weiĂ nicht, wie viele BĂŒcher inzwischen mit einem Verweis auf Gone Girl von Gillian Flynn beworben werden, um die Verkaufszahlen anzukurbeln â Anna Georges DebĂŒt Was ich getan habe ist jedenfalls wieder einmal eines davon. Es war allerdings nicht dieser Hinweis, sondern eher der Klappentext, der mich auf diesen Thriller neugierig machte, denn obwohl mir Gone Girl ganz gut gefallen hat, fand ich den Roman nicht so herausragend, dass ich nun zwingend nach einer vergleichbaren LektĂŒre Ausschau halten mĂŒsste. Trotzdem schĂŒrt ein solcher Vergleich mit einem bekannten Bestseller natĂŒrlich eine gewisse Erwartungshaltung, der das Buch dann auch gerecht werden sollte. Sieht man davon ab, dass auch Gone Girl in weiten Teilen eher ein Ehedrama als ein Thriller ist, konnte ich allerdings keinerlei Gemeinsamkeiten feststellen. Immerhin konnte Gone Girl ja mit ein paar Thriller-Elementen, prĂ€zise ausgearbeiteten Charakteren und vor allem einem fulminanten Plottwist aufwarten, aber all das hat Anna Georges DebĂŒt nun leider gefehlt. Warum Was ich getan habe ĂŒberhaupt als Thriller bezeichnet wird, ist mir vollkommen schleierhaft, denn ich konnte nicht einmal im Ansatz irgendwelche Thriller-Elemente feststellen und auch an Spannung mangelt es diesem Buch leider gewaltig.
Es ist natĂŒrlich nicht ganz einfach, einen Spannungsbogen aufzubauen, wenn schon im ersten Satz enthĂŒllt wird, wer der Mörder ist. Zahlreiche Thriller und Kriminalromane, in denen der TĂ€ter von Anfang an bekannt ist, beweisen allerdings, dass dies trotzdem gelingen kann, denn viel spannender und interessanter als die IdentitĂ€t des Mörders ist hĂ€ufig eben sein Motiv und die Frage, was ihn ĂŒberhaupt zum Mörder werden lieĂ. Gerade das hĂ€tte mich auch in diesem Thriller besonders interessiert, zumal betont wird, dass David Forrester seine Frau geliebt hat. Trotzdem hat er sie getötet, sodass die Frage nach dem Warum der eigentliche Kern der ErzĂ€hlung ist.
Die Geschichte wird abwechselnd aus drei Perspektiven erzĂ€hlt. Zum einen begleitet man David, der nach dem Mord an seiner Frau durch Melbourne irrt und dabei seine Aussage auf ein DiktiergerĂ€t spricht; zum anderen kommt aber auch seine Frau Elle zu Wort, die quasi aus ihrem Körper herausgetreten ist, nun in der WaschkĂŒche ihres Hauses auf ihren leblosen Körper und ihre verrenkten GliedmaĂen herabblickt und sich dabei ebenfalls an die Geschehnisse der vergangenen zwei Jahre erinnert. Das ist leider nur sehr schwer nachvollziehbar, aber dennoch liefert Elles Perspektive sehr erschĂŒtternde Einblicke in ihre Beziehung zu David und die tatsĂ€chliche Beschaffenheit ihrer Ehe. Aber auch Elles beste Freundin Mira kommt zu Wort, denn sie versucht verzweifelt, Elle zu erreichen, macht sich groĂe Sorgen um sie und ahnt, dass David ihr etwas angetan hat, denn Mira hat dem Mann ihrer Freundin noch nie getraut.
Der Aufbau der ErzĂ€hlung, der geschickte Perspektivwechsel und auch der etwas auĂergewöhnliche Schreibstil der Autorin haben mir ausgesprochen gut gefallen, aber leider ist es Anna George nicht gelungen, Spannung aufzubauen und ihren Protagonisten Tiefe zu verleihen. Vor allem das Verhalten von Elle war fĂŒr mich leider absolut nicht nachvollziehbar. Dies lag nicht nur an ihrer etwas unrealistischen Perspektive auĂerhalb ihres Körpers, sondern vor allem auch daran, dass mir vollkommen schleierhaft war, was sie an David liebte und auf welcher Basis diese Ehe ĂŒberhaupt geschlossen wurde. Ich konnte nicht ansatzweise etwas erkennen, was ich unter den Begriff Liebe fassen wĂŒrde. Mir ist durchaus klar, dass sich manche Frauen auch zu MĂ€nnern hingezogen fĂŒhlen können, die sie schlecht behandeln, aber selbst das wurde nicht deutlich genug herausgearbeitet. Auch die sexuelle Komponente dieser Beziehung, die zumindest zu Beginn noch klar im Vordergrund steht und in einer Detailliertheit geschildert wird, die ich eher abstoĂend als erotisch fand, verpuffte rasend schnell wieder, sodass auch eine wie auch immer geartete Hörigkeit, Obsession oder besonders erotische Leidenschaft fĂŒr mich nicht ersichtlich war. Obwohl Elles Schicksal wirklich erschĂŒtternd ist, gelang es mir nicht, mit ihr mitzufĂŒhlen oder mich in sie einzudenken, weil sie mir einfach fremd blieb.
Aber auch David war leider nicht besonders vielschichtig gezeichnet, was sehr bedauerlich ist, denn eigentlich ist der TĂ€ter die interessanteste Figur in einem Thriller. Auch wenn man seine Tat nicht gutheiĂen kann, möchte man seine Motivation verstehen, will wissen, warum er zum Mörder geworden ist, denn obwohl dies nichts entschuldigt, erhofft man sich doch wenigstens eine ErklĂ€rung. Es kommt in Thrillern ja sehr hĂ€ufig vor, dass sich ein vermeintlicher Traumprinz plötzlich als gefĂ€hrlicher Psychopath entpuppt oder man den Mörder, den man eigentlich verabscheuen mĂŒsste, auf geradezu erschreckende Weise sogar verstehen kann. Solche verstörenden Momente machen letztendlich den Reiz eines psychologisch ausgefeilten Thrillers aus und sorgen fĂŒr die nötige Spannung. Was ich getan habe wĂ€re durchaus so angelegt und die Geschichte hĂ€tte auch das Potenzial fĂŒr solche Schockmomente, scheitert letztendlich aber an ihren eindimensionalen und flachen Figuren, denn nicht nur Elle, sondern auch David sind einfach nicht komplex und prĂ€zise genug ausgearbeitet, um ihre GefĂŒhle, Gedanken und Handlungsmotive nachvollziehen zu können. Nach den ersten Kapiteln stellte ich mir jedenfalls nicht mehr die Frage, warum David seine Frau getötet hat und diese Beziehung so fatal enden musste, sondern nur noch warum sie ĂŒberhaupt eingegangen wurde. HierfĂŒr liefert die ErzĂ€hlung allerdings keine ErklĂ€rung, weder aus Davids noch aus Elles Perspektive.
Die einzige Protagonistin, deren Sichtweise mir einleuchtete, war die von Mira, Elles bester Freundin, denn sie ist die Einzige, die einen klaren Blick auf die Dinge hat.
Der Plot war so vorhersehbar, dass einfach keine Spannung aufkommen wollte, Ăberraschungsmomente blieben weitgehend aus und auch auf einen Plottwist wartete ich vergeblich. Sieht man von einer einzigen Wendung am Ende der Geschichte ab, die allerdings wenig ĂŒberraschend war, aber immerhin eine logische ErklĂ€rung fĂŒr so manche Ungereimtheit lieferte, hatte Was ich getan habe leider ĂŒberhaupt nichts mit einem Thriller gemeinsam. DarĂŒber könnte man hinwegsehen, wenn dieses Ehedrama wenigstens etwas tiefgrĂŒndig und einfĂŒhlsam erzĂ€hlt worden wĂ€re, aber den Protagonisten fehlte es leider an der notwendigen psychologischen Tiefe, und so war mir leider nicht ersichtlich, welche Motivation hinter ihren Handlungen und Emotionen steckt. Das ist wirklich bedauerlich, denn die Geschichte hĂ€tte durchaus Potenzial und der Schreibstil der Autorin wirkte ansonsten sehr ausgereift und lieĂ sich ausgesprochen angenehm lesen. Trotzdem war ihr DebĂŒt fĂŒr mich leider eine ziemliche EnttĂ€uschung.