lucysnowe
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Bewertung zu "Die Frau des Präsidenten" von Curtis Sittenfeld
Endlich muss ich es mal schaffen eine Rezension zu diesem wunderbaren (Entwicklungs?) Roman von Curtis Sittenfield zu schreiben. "Die Frau des Präsidenten" lautet der Titel, das Original heißt schlicht "American Wife".
Die Autorin Curtis Sittenfield ist mir zuerst durch den Roman "Eine Klasse für sich" bzw. "Prep" begegnet. Danach war ich von ihrem Schreibstil einfach begeistert. Die Autorin erzählt in beiden Romanen aus der Ich-Perspektive introspektiv und authentisch die Entwicklung von Frauen. "American Wife" schildert dabei die fast komplette Lebensgeschichte einer sehr besonderen Frau - der First Lady der Vereinigten Staaten. Es handelt sich dabei natürlich um eine fiktive Protagonistin, die biografischen Ähnlichkeiten zu Linda Bush sind jedoch sehr deutlich. Damit ergibt sich quasi das zentrale Thema des Romans: Der Konflikt einer eigentlich schlauen, eigensinnigen, gebildeten, durch liberale Einflüsse geprägten, jungen Frau mit der Öffentlichkeit, in der sie die fügsame, passive, unpolitisch wirkende Gattin eines konservativen, republikanischen Politikers gibt.
Zu Anfang ist die "First Lady" bloß ein kleines Mädchen namens Alice Lindgren, das in den fünfziger Jahren in einer Kleinstadt in Wisconsin aufwächst, eine heile Kindheit in heiler Umgebung. Ein Fenster zur großen, weiten Welt öffnet ihr die bibliophile, exzentrisch-liebevolle Großmutter, sie ist mit ihren liberalen Ansichten eine Vordenkerin für ihre Zeit und für Alice. So stellt sie der jugendlichen Alice ihre selbstbewusste Freundin, die erfolgreiche Ärztin Dr. Gladys Wycomb, bei einem Trip nach Chicago vor. Eine Begegnung, die nicht ohne Folgen bleiben wird. Zuerst spielt das Schicksal Alice jedoch übel mit, sodass ihre sonnige Kindheit jäh vorüber ist. Ein schreckliches Ereignis passiert, welches sie aus der geregelten Bahn wirft und jahrelang verzagen lässt. Trotz dessen gibt Alice nicht auf, studiert und beginnt als Bibliothekarin in einer Grundschule zu arbeiten. Mit Anfang dreißig hat sie es geschafft ihre Vergangenheit einigermaßen hinter sich zu lassen und nach langer Zeit wieder unbeschwert durchs Leben zu gehen. Sie ist glücklicher Single, plant sich ein Haus zu kaufen und den Grundschulkindern ihre Lieblingskinderbuchhelden aus Pappmaché zu basteln. Bis sie auf eine Gartenparty eingeladen wird, sich bereitschlagen lässt, hinzugehen und dort Charlie Blackwell, den charismatischen Spross einer steinreichen Unternehmerfamilie, trifft. Plötzlich wird alles anders - sie verliebt sich Hals über Kopf in den angehenden Politiker, mitsamt aller angenehmen und unangenehmen Konsequenzen.
Eingehüllt wird diese Geschichte durch den wirklich wunderbaren Schreibstil von Curtis Sittenfield. Sie schafft es, die Ich-Erzählerin trotz der Schicksalschläge, der tiefen persönlichen Konflikte, ihren Charakterschwächen und auch Stärken, so intelligent, mitfühlend und authentisch, selbstbewusst und besonnen ihre Geschichte erzählen zu lassen. Alice Lindgren ist durchweg ein sympathischer Charakter, an machen Stellen sogar Identifikationsfigur. Im Laufe ihrer Entwicklung zur "First Lady" muss sie viele Freiheiten aufgeben, sich stark anpassen, und dennoch gehen ihre stillen Töne, ihr Charakter nicht verloren. Allein durch die Liebe und Pflichtgefühl zu ihrem Mann und ihrer Tochter vermag sie der Öffentlichkeit standzuhalten und ihre Rolle zu spielen. Die sensibel, einfühlsam erzählte Liebesgeschichte des Buches ist eine glückliche und sehr schöne, ein Zusammenhalten durch alle Höhen und Tiefen. Und trotzdem muss sich Alice am Ende fragen, ob die Opfer, die sie dafür geben musste, es wirklich Wert waren. War ihre politische Passivität, ihr Agieren als Teil eines Anderen, Wichtigeren, Größeren, moralisch richtig? Muss sie den politischen Kurs ihres Mannes rechtfertigen? Von der polarisierenden Öffentlichkeit werden ihre sanften Töne leicht überhört, selten für voll genommen, aber Curtis Sittenfields Roman gibt ihr eine wunderschöne Stimme.
Bewertung zu "Jessica-Darling-Serie, Band 4: Vierte Wahl" von Megan McCafferty
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