Bücher mit dem Tag "kunstbetrieb"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "kunstbetrieb" gekennzeichnet haben.

12 Bücher

  1. Cover des Buches Karte und Gebiet (ISBN: 9783832164522)
    Michel Houellebecq

    Karte und Gebiet

     (177)
    Aktuelle Rezension von: holzmair_eva

    Der kapitalistische Kunstbetrieb, in dem Stars gemacht werden, in diesem Fall ein zurückgezogen lebender Absolvent der École des Beaux-Arts namens Jed Martin, dessen Fotos von Michelin-Regionalkarten einen PR-gesteuerten Hype auslösen. Der richtige Augenblick, um eine Geliebte zu halten, der, wenn einmal versäumt, nicht mehr nachgeholt werden kann. Die Distanz zwischen Sohn (Jed) und Vater, die zu Weihnachten nur mit Mühe ein Gespräch führen können. Die Zumutungen des Alterns, die sowohl Jeds Vater (er wird gegen Ende des Romans in Zürich assistiert Selbstmord begehen) als auch Michel Houellebecq plagen, der im Roman als versoffen der Einsamkeit fröhnend dargestellt wird und den Jed aufsucht, damit er ein Vorwort für seine nächste große Ausstellung schreibt. Die Frage, was Kunst und Künstler sein (bei Houellebecq eindeutig männlich geprägt) eigentlich bedeuten.

    All das und noch mehr ist in diesem Roman verpackt, liest sich amüsant, etwa die Porträts von Houellebecqs Kollegen wie Frédéric Beigbeder oder von Möchtegernberühmtheiten und Adabeis der Pariser Szene, nur stellenweise etwas langatmig (etwa wenn Houellebecq zu viel aus Wikipedia und anderen Schriften zitiert) und hält für ausgesprochene Houellebecq-Hasser:innen auch noch die Befriedigung bereit, dass der Autor ermordet und zerstückelt in seinem Landhaus aufgefunden wird. Was will frau mehr!

  2. Cover des Buches Der letzte Weynfeldt (ISBN: 9783257600483)
    Martin Suter

    Der letzte Weynfeldt

     (342)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Adrian Weynfeldt ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und Kunstliebhaber. Seitdem ihn seine große Liebe verlassen hat, lebt er sehr zurück gezogen. In einer Bar lernt er Lorena kennen und am nächsten Morgen steht sie am Balkongeländer und will springen. Gerade noch kann er sie davon abbringen und von nun an wird sie sein gesamtes Leben durcheinander wirbeln. Auch beruflich gibt es einiges neues, denn ein guter Bekannter will seinen kostbaren Vallotton verkaufen um seinen Lebensstil zu sichern, aber er spielt nicht immer fair. Martin Suter versteht es meisterlich Geschichten zu erzählen und jongliert hier gekonnt zwischen Kunst, Betrug und großen Gefühlen.

  3. Cover des Buches Die gleißende Welt (ISBN: 9783499268373)
    Siri Hustvedt

    Die gleißende Welt

     (44)
    Aktuelle Rezension von: virginiestorm_autorin

    Harriet Burden lebt als Installationskünstlerin in New York. Um auf die Diskriminierung von Frauen in der Kunstszene aufmerksam zu machen, engagiert sie drei männliche Künstler, damit diese Harriets Werke als ihre eigenen ausgeben.

    Einer der drei Männer wendet sich jedoch gegen Harriet und durchkreuzt ihre Pläne.


    Ich bin sehr schnell in die Geschichte eingestiegen, da ich die Idee fantastisch fand und mich interessierte, wie das Publikum die Kunstwerke beurteilte, wenn diese scheinbar von Männern erstellt waren.


    »Bei Frauen wird es immer persönlich«, sagte Harry, »Liebe und der ganze Mist (...)«


    Ich musste das Lesetempo aber sehr schnell verlangsamen, da in dem Roman eine Vielzahl von Verweisen auf Psychologie, Philosophie und Kunst vorhanden sind (inkl. langer Fußnoten). Zudem schildert die Autorin Siri Hustvedt keine fortlaufende Handlung, sondern die Geschichte setzt sich aus Tagebucheinträgen Harriets, Besprechungen von Kunstkritikern und Gesprächen mit Angehörigen zusammen.


    Es geht um Masken, die Wahrnehmung von Geschlecht und den Kunstbetrieb.


    »Rache ist süß, vor allem für Frauen, so Lord Byron. Und ich sage, ja warum wohl Jungs? Warum wohl?«


    Ich fand es sehr spannend über Künstlerinnen aus verschiedenen Generationen zu lesen und die Perspektiven aus denen Siri Hustvedt das Selbst, die Persona, beleuchtet, nachzuvollziehen.


    Das Buches entfaltet sich in mehreren Ebenen. Bald wußte ich nicht mehr, was real war und was nicht. Wer log und wer erzählte die Wahrheit?


    Ein ungewöhnlicher Roman.

    Wer Unterhaltung sucht, ist sollte lieber zu einem anderen Buch greifen.

    Wer sich jedoch für die Kunstwelt sowie Philosophie und Psychologie interessiert, wird hier herausgefordert und findet eine Vielzahl von Denkanstößen.



  4. Cover des Buches Headhunter (ISBN: 9783945386514)
    Jo Nesbø

    Headhunter

     (261)
    Aktuelle Rezension von: metalmel

    Mich hat das Buch gepackt! Es gab einige Twists, die ich nicht habe kommen sehen und die mich richtig getroffen haben. 

    Das Ganze spielt in einer für mich völlig fremden Welt und die Charaktere sind durchtrieben, verlogen, aalglatt und schmierig. Man weiß nie, wem man nun was glauben soll. Auch die Auflösung fand ich toll und habe es so nicht kommen sehen.

    Den Film dazu fand ich auch sehr sehenswert!

  5. Cover des Buches Das kann ich auch! (ISBN: 9783832162337)
    Christian Saehrendt

    Das kann ich auch!

     (16)
    Aktuelle Rezension von: awogfli
    Diese Gebrauchsanweisung für moderne Kunst ist angetreten, um uns die wichtigsten Tendenzen der Gegenwartskunst, die Kunstszene und den Kunstbetrieb schonungslos und humorvoll zu erklären und ist dabei meiner Meinung nach kläglich gescheitert. Die Einteilung der modernen Kunst auch sehr überheblich "Pfad durch den modernen Kunstdschungel" genannt, wird lediglich völlig platt, phantasielos und uninspiriert nach den Kunsttechniken (Malerei, Bildhauerei, Aktionskunst, Video...) durchgeführt. Strömungen, Moden und inhaltliche Bereiche werden mit dem Hinweis, dass alles ganz verwirrend durcheinander geht und eine Einteilung beim besten Willen unmöglich ist, abgeschmettert. Da habe ich mir von studierten Kunstexperten schon etwas mehr Engagement erwartet, als mir so faule Lügen auftischen zu lassen. Die Autoren hätten sich die Ausstellung "Big Bang" mal ansehen sollen. Dort wurde diese Strukturierung meisterhaft durchgeführt und zusätzlich die einzelnen Strömungen moderner Gegenwartskunst mit Architektur, Mode und Gebrauchsgegenständen verknüpft. So bleiben in diesem Buch als Erkenntnis die Funktionsweisen und Mechanismen des Kunstbetriebs und wie ein großer Künstler gemacht wird (gar nicht mal so schlecht - das beste Kapitel in diesem Buch) und die durch die fehlende Strukturierung zusammenhanglosen Gschichtln und Ablästerungen über ausgewählte Künstler. Am Ende versteigen sich die Autoren auch noch darin, zu beurteilen, was schlechte Kunst ist. Dies geschieht nicht mit fachlichen Argumenten (warum ist ein Werk schlecht), sondern nur mit ominösen Disqualifizierungen. Von guter Kunst wird so gut wie nie geredet. Ich bin ja sehr für Satire und finde Lästern als Akt der Psychohygiene sehr wichtig, wenn aber jemand permanent und ausschließlich auf andere runterhaut und so gar nix konstruktives zu diesem Thema anbieten kann, dann bin ich wie im realen Leben einfach genervt, denn professionelle Nörgler kann ich nicht ausstehen. Fazit: Dieses Buch ist für Kunsthasser -verweigerer und Pseudos, die mit Kunst Geld machen wollen, sehr gut geeignet. Durch Gschichtln kann jedes Vorurteil untermauert und permanent bestätigt werden. Leute die Kunst mögen, aber zugeben können, dass sie einiges nicht verstehen und hier vielleicht amüsante Hintergrundinformationen und eine hurmorvolle Struktur oder Gebrauchsanweisung erwartet hatten, sind mit diesem Buch jedoch absolut fehl am Platz. Dem Kunstliebhaber am Ende den simplen Ratschlag zu geben, einfach ehrlich und selbstbewußt zu äußern: "Ich verstehe zwar wenig bis nichts von Kunst aber bestimme selbst, was mir gefällt, denn was für mich Kunst ist, bestimmen meine Augen und mein Gefühl" ist den Autoren auch nicht eingefallen. Stattdessen bleibt man frustriert zurück mit dem Gefühl, dass die zeitgenössische Kunst ausschließlich Scheiße ist. Armutszeugnis für eine Gebrauchsanweisung geschrieben von Fachexperten!
  6. Cover des Buches Der Tag endet mit dem Licht (ISBN: 9783499274954)
  7. Cover des Buches Softcore (ISBN: 9783866158009)
    Tirdad Zolghadr

    Softcore

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Die rauschende Schah-Party wurde 1979 von der islamischen Revolution im Iran gecrashed. Aus dem dekadenten 1001-Nacht-Märchen, das ebenso schillernd wie scho-nungslos agierte, formte sich jenes Staatsgebilde, das 2002 vom US-Präsident George Bush zur "Axis of Evil" - zur Achse des Bösen - gerechnet wurde. 25 Jahre nach besagter Revolution geht das unterbrochene, unter dunklen Schleiern erstickte Fest weiter. In Tirdad Zolghars heißem Debütroman "Softcore" eröffnet ein junger, globalisierter Iraner seine It-Kunstgalerie in der Hauptstadt Teheran. Ungewöhnlich? "Heutzutage findet man Food Courts, West-Coast-Hip-Hop, internationale Filmfestivals, Nike und Puma und Swatch und Longines neben einer Heavy-Metal-Szene, Pizza Burger, Jim-Jarmusch-Retro-spektiven…" – im Iran! Softcore kippt mit popkulturell auf-geladenen Szenen die ermüdenden Terror-, Atomkriegbilder, ohne beschönigend zu wirken. Softcore ist: mutig, re-volutionär, regimekritisch, mittelpunktsfähig, cool. Warum? Die Antwort lautet: Ironie. Tirdad schreibt, beschreibt selbst die ungeheuerlichsten Begebenheiten mit ironisch-en Mitteln. Eine Horde Geheimagenten argwöhnt, dass ei-ne private CD-Sammlung Informationen für Mudschaheddin-Kameraden im Untergrund erhalten, sie "sitzen um den Couchtisch herum und hören nach dem Zufallsprinzip Lieder von Dr. Dre und Vanessa Paradis." Der junge Held muss in Einzelhaft. und er kann sich glücklich schätzen, Journalist zu sein: "Mein eigener Trakt ist picobello und bietet unbegrenzte Mengen an heißem Tee, frischen Früchten und Gerichten wie Hühnchen in Granatapfel-Walnuss-Soße, hat aber keinen Hof, und die grellen Neonlampen sind vierundzwanzig Stunden am Tag einge-schaltet." In diesem Ton werden üblicherweise All-Inclusive-Hotels auf Mallorca rezensiert. Als der Mann später freigelassen ist, kümmert er sich erst einmal um seine Kör-perhygiene: Stirn peelen, Achselhöhlen rasieren, Schläfen massieren, Nägel feilen. Der Terror ist außen vor und ge-rade deshalb omnipräsent. Nach Deo riecht nur der eige-ne Leib, draußen lauert ein stinkender Tod. Man kann nur absurden Visionen frönen, in solchen Zeiten: "Die Amerikaner sollen rüberkommen, ich schwöre a'n jad, sie sollten alles besetzen. Zwei Vorteile. Passt auf. erstens. Wir wer-den alle arabischen Führer los. Zweitens. Sind die Amerikaner erst mal am Boden, können wir sie abknallen." Der 1973 geborene Tirdad Zolghadr lebt als Kurator, Filmemacher und Kritiker in Berlin. Er schreibt für verschiede-ne Tageszeitungen und Kunstmagazine, unter anderem für das renommierte "Frieze Magazine", das 2003 die bekannte Kunstmesse "Frieze Art Fair" im Londoner Regent's Park begründet hat. Tirdads Roman, der bis jetzt nur in Deutschland erhältlich ist, erscheint nicht im Original: "Softcore" wurde von Johann Christoph Maass aus dem Englischen übersetzt. Das komplette Buch erinnert an einen anderen großen, globalisierten, genialischen, auf Deutsch und Englisch schreibenden Schriftsteller. Dieses Buch erinnert an Christian Kracht, der im Herbst endlich, endlich seinen neuen Roman "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" vorlegen wird. Und eben dieser Christian Kracht bietet sich als fulminanter "Softcore"-Laudator an: "Man möchte wilde Blumen pressen, am Feuer stehen, dem jungen Schriftsteller Tridad Zolghadr immer wieder mechanisch die Hand schütteln für diesen großartigen Roman. Ihn zu lesen, bedeutet die Rituale einer absurden Komödie in einem leeren Theater in Teheran beobachten zu dürfen. Softcore ist kalt, präzise und gerade deshalb unglaublich unterhaltsam."
  8. Cover des Buches Blütenschatten (ISBN: 9783257246636)
    Annalena McAfee

    Blütenschatten

     (70)
    Aktuelle Rezension von: awogfli

    Dieser Roman hat mich von der Figurenentwicklung her sehr verblüfft und mir ausnehmend gut gefallen, wenngleich ich zugeben muss, dass die Überraschung dahingehend geartet ist, dass sich die Protagonistin von Seite zu Seite mehr als ein absolut widerlicher Mensch entpuppt. Wer also mit weiblichen, total unsympathischen Antiheldinnen ein Problem hat und auch den Umstand schwer verkraften kann, dass man von der Autorin zu Beginn auch noch reingelegt wird, die Hauptfigur sehr zu mögen und sich mit ihr zu identifizieren, sollte die Finger von dieser Geschichte lassen. Ich mag das ja besonders, wenn mich AutorInnen bei meinen Schwächen packen, mich am Nasenring durch den Roman ziehen und vorführen. Überraschungen sind nämlich ganz meines.

    Eve hat irgendwie ihr Leben an die Wand gefahren, die 60-jährige gelangweilte Ehefrau und Künstlerin ist aus der Idylle ihrer relativ gemächlichen Ehe ausgebrochen und nun sehr einsam. Sie resümiert in einer Rückschau ihr Leben und lässt es Revue passieren.

    In ihrer Sturm-und-Drang-Zeit befand sie sich als junge Studentin zuerst natürlich in prekärer Situation, war aber sehr bald auf dem Sprung zu einer Weltkarriere, hat sich als Mitglied der Warhol Truppe die Nächte um die Ohren geschlagen und lebte völlig freizügig, unabhängig und hedonistisch ihre Bedürfnisse aus. Mit ihren zwei WG-Künstler-„Freundinnen“ Wanda und Mara stand sie in ständiger Konkurrenz um Erfolg, Anerkennung in der Kunst und um Männer. Als Geliebte und Muse des berühmten Künstlers Florian Kiŝ wurde sie als Person auch oft über ihn definiert, aber irgendwann hat sie sich emanzipiert und gegen die bevorzugte Strömung der Portraitmalerei ihres Liebhabers ein eigenständiges Profil in der Darstellung von Pflanzen entwickelt.

    Irgendwann fand ihr völlig freies Liebes- und Sexleben durch die AIDS-Krise ein jähes Ende. Schon komisch, wie nur zehn Jahre ältere Menschen im Unterschied zu mir die AIDS-Krise als tiefen Einschnitt in ihrem Leben sehen. Ich kenne nur das panische Aufpassen beim Sex und die strikte Verhütung mit Kondomen in den späten 80ern – Naja ich war als ehemalige Klosterschülerin auch Spätstarterin . Von diesem Umbruch animiert, suchte sich Eve einen Mann mit Potenzial zum Heiraten, Kristof, seines Zeichens bereits angehender erfolgreicher Architekt, mit dem sie eine offene Ehe eingeht, die bis in die Gegenwart gehalten hat.

    Nun hat sie sich zu einer recht arrivierten britischen Künstlerin entwickelt, wenngleich ihr der absolute Welterfolg verwehrt blieb, den ihre ehemalige WG-Freundin Wanda als feministische Aktionistin verwirklichen konnte – ein Genre, das Eve generell verachtet und gar köstlichst verreißt. In ihrer Beziehung zu Wanda und Mara kommt erstmals stutenbissige Eifersucht auf, denn beide Frauen haben ein unterschiedliches Lebenskonzept zu Eve gewählt. Wanda kreist sich im Rahmen ihres extrem erfolgreichen Aktionismus nur um sich selbst und Mara hat die Kunst fast völlig an den Nagel gehängt. Sie ging total in ihrer Rolle als Mutter auf und hat auf Psychotherapie umgesattelt. Auch hier fand immer Konkurrenz statt, denn Eve konnte und kann mit ihrer nicht gerade gewollten Tochter Nancy so gar nichts anfangen.


    Nancy hingegen handelte mit Ephemera und trug mit ihrem unvergänglichen Ramsch zu Vermüllung der Welt bei. Allein ihr Hund, dieser lächerliche Mops, hatte wie jeder Schoßhund einen größeren CO2-Abruck als ein SUV.


    Weil Kristof im Rahmen ihrer offenen Ehe in der Vergangenheit mit fast all ihren Freundinnen, Bekannten und Babysitterinnen geschlafen hat, was Eve zähneknirschend geduldet hat und weil sie auch in ihrer Ehe wie viele Frauen über ihren weitaus erfolgreicheren Mann definiert wird, fand ich es moralisch eigentlich nicht verwerflich, dass sie sich mit 60 Jahren, als ihre Tochter aus dem Haus und selbst Mutter ist, einen 30-jährigen Geliebten zulegt und sich nur noch der Verwirklichung ihres ultimativen Meisterwerks widmet. Mit Liebhaber Luka als Kunstassistent verschmelzen Arbeit und Beziehung im Atelier zu einer sehr befruchtenden Inspiration.

    Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich der Figur sehr nahe gefühlt, sie ist mir regelrecht ans Herz gewachsen und ich wollte rufen: „Yes, Schwester, weiter so!“ Warum sollte der Altersunterschied umgekehrt eine derartig andere Rolle spielen und warum sollte Eve nicht auch einmal nach Absolvierung ihrer Pflicht, die Vorteile der offenen Ehe genießen. Eine Frau, die sich endlich das rausnimmt, was sich ihr Mann schon längst gegönnt hat. Dabei ist es auch nicht wichtig, die Affäre zu beichten, hat Kristof auch nie gemacht. Da beide sehr mit ihrer Arbeit beschäftigt sind und der eheliche Sex auch schon eingeschlafen ist, ist es nicht einmal nötig, ihren Mann anzulügen, denn Eve geht natürlich zur Arbeit, wenngleich sie im Atelier selbstverständlich auch noch etwas anderes treibt.

    Bei zwei Dritteln der Geschichte fieberte ich mit der Protagonistin mit und hatte sehr viel Mitleid mit Eve, denn die Abnabelung und Emanzipation vom Ehemann fordert einen hohen Preis. Im Atelier hat Liebhaber Luka schrittweise alles übernommen, zuerst alle anderen Assistenten rausgemobbt und nun mischt er sich auch noch künstlerisch in Eves Meisterwerk ein. Komisch, dass Eve so vom Sex, von Lukas Jugend, vom Fleiß und vom Interesse für die Kunst verblendet ist, dass sie diese fiese Intrige nicht bemerkt.

    Im letzten Drittel entpuppt sich jedoch der Charakter von Eve als derart verachtenswert, dass sie den ultimativen Showdown und die Vernichtung ihrer beruflichen und privaten Existenz mehr als verdient hat. Ich will hier diesmal überhaupt nicht spoilern, aber die mir als so patente, feministische, sexuell unabhängige Schwester präsentierte Protagonistin ist überraschenderweise so abgrundtief verrottet, dass mir die Spucke wegblieb. Und das hat mir nun am besten am Roman gefallen. Da baut man ganz langsam über die gesamte Handlung eine sehr wohlwollende Beziehung zu einer Figur auf, die halt gegen die Rollenklischees ein bisschen rebelliert und dann killt die Autorin schonungslos wie mit einem Samuraischwert unvermutet diese aufgebaute Sympathie. Sensationell, wenn ein Plot derart unvorhersehbar aber glaubwürdig eine Wendung um 180 Grad nimmt.

    Warum dieser Roman zudem im letzten Abdruck noch auf meiner Bestenliste für 2021 landen wird, ist abgesehen von der Handlung und der sensationellen Figurenentwicklung auch schnell erklärt. Die Autorin ist eine Meisterin der Sprachfabulierkunst und ihre Analysen sind großartig. Auch wenn ich mir lieber auf die Zunge beißen möchte, weil ich sie nicht über ihren Ehemann definieren will, erinnert mich McAfees pointierter Schreibstil dennoch sehr an ihren Gatten. Beim Namen nennen möchte ich ihren Mann nicht, das möge jeder selbst recherchieren, denn ich möchte sie als eigenständige Autorin sehen. Ich will diesen grandiosen Umgang mit der Sprache und den Vergleich nicht als Relativierung, sondern als großes Lob anbringen, denn er ist einer meiner Lieblingsschriftsteller. Gerne würde ich bei denen zu Hause Mäuschen spielen, wenn die beiden im Wohnzimmer im Fauteuil sitzend in einer Diskussion brillant ätzen. Bezüglich der bitterbösen Analysen macht die Geschichte natürlich mehr Spaß, wenn man ein bisschen was von Kunst und dem Kunstmarkt versteht. Alleine der Verriss der Wiener Aktionisten und die allgemeine Verachtung der Aktionskunst ist herrlich böse.


    […]  erzählte ihm Plattitüden über Wanda  […]  und über die ganze Meute, Bio-Art, schmierige Körperflüssigkeiten und Selbstverstümmelungen, die Fluxus Bewegung und die Sadomaso-Deppen der Aktionisten. […] Sie erzählte ihm auch nicht, dass ihrer Meinung nach Wandas Erfolg auf einer Blendung der Kunstszene beruhte, ein Fall von des Kaisers neue Kleider, in dem auch die jubelnde Menschenmenge nackt war.
    Damals glaubte sie, dass Reisen eine notwendige Bedingung für eine erfülltes Leben sei, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen zurückgelegter Entfernung und angeeignetem Wissen gebe. Sie wurde schnell eines Besseren belehrt, bei ihren kurzen Ausflügen auf dem Hippiepfad und der Begegnung mit zahllosen Schwachköpfen, die in ihrem solipsistischen Nomadentum, einem Privileg der Jugend, quer durch Europa bis nach Griechenland trampten, oder durch Indien wanderten, Millionäre im Vergleich mit den Einheimischen, aber extra barfuß und auf der Suche nach einem Ich, das die Mühe kaum wert war.


    Fazit: Für mich ein Highlight – großartiges Lesevergnügen für Leute, die mit einer Antiheldin leben können und einen Faible für beißende, bitterböse Ironie pflegen.

  9. Cover des Buches Kunst hassen (ISBN: 9783608503555)
    Nicole Zepter

    Kunst hassen

     (13)
    Aktuelle Rezension von: Flickercat

    Ich bin kein besonders großer Kunstkenner: Ein paar nicht zusammenhängende Kunst-Vorlesungen an der Uni, gerne mal ein Ausstellungsbesuch, hier und da ein Buch zum Thema – aber kein Expertenwissen. So viel vorweg. ^^

    Vor diesem Hintergrund fand ich das Buch interessant. Es lädt dazu ein, sein eigenes Kunstverständnis und die Wahrnehmung von Museen/Ausstellungshallen zu hinterfragen. Was ist Kunst, was will sie erreichen? Und wer bestimmt darüber, welche Werke wie der Öffentlichkeit präsentiert werden und welche nicht?

    Den Aufbau des Buches fand ich nicht immer ganz eingängig und an manchen Stellen ist mir auch nicht richtig klar geworden, was die Autorin jetzt eigentlich wirklich stört. Das Buch heißt „Kunst hassen“, sie beschwert sich aber hauptsächlich über die Auswahl und Darbietung von Kunstwerken, ausgehend von einigen wenigen Personen, in den großen Galerien. Dabei haben mir teilweise die Vorstellung von alternativen Ideen, wie es besser laufen könnte, und tatsächlich konkrete Aussagen zu manchen Themen gefehlt. Ganz davon abgesehen, dass auch die Kunstwelt schließlich nicht nur aus den großen „Mainstream“-Künstlern und Galerien besteht und die beschriebene typische Atmosphäre daher sicherlich nicht überall vorherrscht. So gesehen ist die Betrachtung vielleicht auch etwas einseitig...
    Und die Erkenntnis, dass man sich ruhig selbst zutrauen sollte zu entscheiden, ob einem ein Kunstwerk gefällt oder nicht, hätte ich jetzt eigentlich als selbstverständlich vorausgesetzt. Hm.
    Gut gefallen haben mir die Interviews mit Personen aus der Kunstszene, die in das Buch mit eingeflossen sind.

    Inhaltlich bin ich also nicht komplett überzeugt und einer Meinung mit der Autorin, aber als Gedankenanstoß hat mir „Kunst hassen“ gut gefallen.

  10. Cover des Buches Lysander und Passepartout (ISBN: 9798376838914)
    Reinhold Hartl

    Lysander und Passepartout

     (8)
    Aktuelle Rezension von: Buchreisender

    An dem Autor Reinhold Hartl begeistert mich seine Art des Umganges mit den typischen alten Klischees. Genau die Klischees, die aus für mich unerfindlichen Gründen mittlerweile verpönten alten Sichtweisen  erwachsen sind. Dabei lässt er keines aus und hat dennoch die Gabe sie in die heutige Zeit zu holen. Gerade die Sicht auf Frauen und die daraus rührende sexistische Sichtweise hat er brillant einfließen lassen. Ja, da hat er den Frauen, die ja ach so cool und emanzipiert schreiend nach Führungsposition und Selbstbestimmung heulend, den Spiegel vor gehalten!

    Ein grandioses Buch! Mach weiter so Reinhold Hartl und beschere mir weitere so von schwarzem Humor getränkte Werke

  11. Cover des Buches Laura oder die Tücken der Kunst (ISBN: 9783937445267)
  12. Cover des Buches Waldinneres (ISBN: 9783103970838)
    Mónica Subietas

    Waldinneres

     (46)
    Aktuelle Rezension von: Gwhynwhyfar

    «Er hatte seinen Schützling zurücklassen müssen, um dessen Leben zu retten. Nun hastete er  hangabwärts, um zu der Holzfällerhütte zu gelangen, bevor das Licht genauso schnell schwand wie die Wärme des Tages.»



    Ein jüdischer Kaufmann aus Linz schickt seine Familie während der Nazizeit über eine Fluchtroute in die Schweiz. Er selbst will zunächst seine Kunstsammlung in Sicherheit bringen und nachkommen. Doch es ist zu spät – auf der Rückseite jedes Bildes setzt er sein Siegel und macht sich eine Liste aller Werke. Zumindest ein Bild will er retten: «Waldinneres» von Gustav Klimt. Er nimmt es aus dem Rahmen, rollt es zusammen, versteckt es im Hohlraum seines Spazierstocks, macht sich auf den Weg nach Zürich. Auf der Flucht geht etwas schief, Fluchthelfer Hermann Messmer und sein Flüchtling, die voneinander den Namen nicht kennen, verlieren sich. Der Schleuser allerdings hat den Gehstock bei sich.


    Siebzig Jahre später wird Gottfried Messmer von einer Bank in Zürich gebeten, als Erbe das abgelaufene Schließfach seines verstorbenen Vaters aufzulösen. Darin findet er einen Gehstock, mit einem echten Klimt. Wie kam sein Vater, ein armer Schlucker, an dieses Bild? Anbei liegt ein Brief an den Sohn, er möge es dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben – der Name sei ihm unbekannt. Wie er zu dem Bild kam, bleibt dem Sohn verschlossen.


    «Die Welt befand sich im Krieg, und die Schweiz verschanzte sich hinter ihrer Neutralität, die zunehmend Risse bekam. Anfang August hatte der Bundesrat in dürren Sätzen die Schließung der Grenze für Juden  beschlossen: ‹Aufzunehmen sind vorläufig nur noch Ausländer, die aus politischen oder anderen Gründen wirklich an Leib und Leben gefährdet sind und keinen anderen Ausweg als die Flucht nach der Schweiz haben, um sich der Gefahr zu entziehen. Flüchtlinge nur aus Rassegründen, z. B. Juden, gelten nicht als  politische Flüchtlinge.› Obwohl die Entscheidung im ganzen Land zu Protesten geführt hatte, war der Beschluss zum Ende desselben Monats bestätigt worden. ‹Das Boot ist voll›.»


    Anfangs hat mir der Roman gut gefallen. Immer mehr Unlogik trat zu Tage und insgesamt findet sich Zufall auf Zufall zusammen – das Zürich der zufälligen Begegnungen – irgendwann habe ich nur noch mit dem Kopf geschüttelt. Unlogisch erscheint, dass der Jude Jakob Sander seine Frau mit den Kindern 1942 allein auf die Fluchtroute schickte. Nun gut, habe ich gedacht ... Dass Sander seinen Nachnamen wechselt und niemals nach Kriegsende sein Eigentum (Grundbesitz, Geschäft, Kunst usw.) zurückverlangt, in Zürich als armer Schlucker lebt, erscheint ebenso unglaubwürdig. Es gibt eingefügte geschichtliche Vignetten, aber in den Figuren setzt die Autorin rein gar nichts um. Weder darin, wie Familie Sander das Leben in Linz empfindet, warum sie sich spät entscheiden zu gehen (Linz war ein Zentralpunkt der Nazis), noch wird die Flucht geschildert. Genau das wäre interessant gewesen. Man nimmt den Juden die Habe weg, dann flüchten sie lieber, retten ihr Leben ... – es klingt zu oberflächlich. Eigentlich ist keine der Figuren für mich stimmig. Warum erfährt der Sohn so spät von dem Gehstock? Sehr konstruiert – damit er dem Eigentümer über den Weg laufen kann. Ein Nebencharakter, der gleich so markant heraussticht, so viel Platz bekommt ... natürlich ahnt der Leser sofort ... Das ist für mich ungeschickt angelegt. Dies ganze Gewusel die vielen Nebencharaktere, Nebenstränge war irgendwann langweilig für mich, man ahnte, worauf es zuläuft – irgendwo war immer der Zufall drin. Die Krönung: ein im betrunkenen Kopf zufällig gezeugtes Kind. Och nee! Wechselnde Perspektive und zeitliche Sprünge, teilweise recht unlogische Handlungen werden dank eines in jeder Ecke lauernden Zufalls verbunden. Die Figuren sind ziemlich leblos, oberflächlich. Spannung mag durch den ständigen Tumult zwischen den agierenden Personen entstehen – leider erinnerte mich das eher an einen Klamaukfilm, allerdings ohne Humoreinlage. 


    Wie kann man das Buch einordnen? Historisch zum Thema Nationalsozialismus?  Dafür sind diese Anteile zu gering. Ein Jude, der seinen Rucksack packt und eine kleine Szene im Wald, in der Fluchthelfer und Flüchtling getrennt werden. Ein Kriminalroman? Ein Toter, Handel mit Raubkunst – das hätte Thema sein können. Auch hier reicht es nicht. Ein Roman um die Kunstszene? Nur angekratzt. Ein Zürichroman? Nein, dort laufen sich die Protagonisten lediglich ganz zufällig alle über den Weg. Ein Roman – das passt. Ein klasse Thema, aus dem man viel hätte machen können. Leider ist dies eine unglaubwürdige, sehr schwache Geschichte mit noch schwächeren Charakteren. Schade. Eine Story, die unter die Haut gehen sollte. So geschrieben lässt sie mich kalt, aber genervt zurück. Fishing in verschiedenen Themen, die aber nicht auserzählt werden. «Waldinneres» von Gustav Klimt gehörte wirklich zur Raubkunst der Nazis und um dieses Bild gab es einen gewaltigen Rechtsstreit. Eine andere Geschichte, die mit dem Roman nichts zu tun hat.



    Mónica Subietas, geboren 1971 in Barcelona, lebt seit 2008 in Zürich. Sie ist Kulturjournalistin und Editorial Designerin, außerdem arbeitet sie in der Leseförderung mit Gruppen von Erwachsenen und Kindern im Vorschulalter. Vor ihrem Umzug nach Zürich lebte sie in Barcelona, Madrid und New York. Neben Spanisch und Katalanisch spricht sie fließend Englisch und Deutsch. »Waldinneres« ist Mónica Subietas’ erster Roman.


  13. Zeige:
    • 8
    • 12

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks