Bücher mit dem Tag "walter benjamin"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "walter benjamin" gekennzeichnet haben.

14 Bücher

  1. Cover des Buches 1913 (ISBN: 9783596520534)
    Florian Illies

    1913

     (288)
    Aktuelle Rezension von: Calderon

    Schon zweimal habe ich 1913 von Florian Illies gehört, das Buch macht einfach Spaß. Es ist ein tolles Kaleidoskopt des letzten friedlichen Jahres vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der Leser unternimmt einen Streifzug durch Kunst, Literatur, Politik und Klatsch. Die Zeitungswelt gibt ein Stelldichein und alles ist mit mehr als einer deftigen Prise boshaftem Witz, Ironie und Sarkasmus gewürtzt.

  2. Cover des Buches Zeit der Zauberer (ISBN: 9783608964516)
    Wolfram Eilenberger

    Zeit der Zauberer

     (20)
    Aktuelle Rezension von: Cornelia_Ruoff

    REZENSION „ZEIT DER ZAUBERER“ VON WOLFRAM EILENBERGER

    ZUM INHALT „ZEIT DER ZAUBERER“

    Auf der einen Seite handelt es sich bei „Zeit der Zauberer“ von Wolfram Eilenberger um eine Zusammenfassung der Biografien vier großer Philosophen, ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen und ihres Umfelds und auch ihrer in dieser Zeit veröffentlichten Werke. Der Autor zeigt uns nicht nur die Philosophen, sondern er erweckt sie zum Leben, indem er ihre menschliche Seite zeigt. Auf der anderen Seite ist es auch ein geisteswissenschaftliches Porträt der Zwanziger Jahre.

    Exemplarisch herausgegriffen hat Wolfram Eilenberger

    LUDWIG WITTGENSTEIN (1889–1951)

    Werk „Tractatus Philosophicus“

    „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“ 

    „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“

    „Die Welt ist alles, was der Fall ist.“

    Daraus entwickelte sich später der Logische Positivismus. Er Ist der Vater der Analytischen Sprachphilosophie.

    MARTIN HEIDEGGER (1889 – 1951)

    Werk „Sein und Zeit“

    In Davos 1929 treffen sich Ernst Cassirer und Martin Heidegger. 

    Heidegger ist aus heutiger Sicht der Vater der Hermeneutik und des Existentialismus.

    ERNST CASSIRER (1874-1945)

    Ohne erst Cassirer gäbe es keine Kulturwissenschaft. Er hält die Ideale der Aufklärung hoch. Er war einer der letzten Universalgelehrten, hatte aber keinen Willen zu einer eigenen Sprache.

    WALTER BENJAMIN (1892-1940)

    Walter Benjamin ist Mitbegründer der Frankfurter Schule und der kritischen Theorie.  Walter Benjamins Leben wird als hoch emotional geschildert. Depressionen, Geldnot und familiäre Probleme machten ihn zu einer glücklosen Existenz. Er nahm sich 1940 in Paris das Leben.

    Wolfram Eilenberger lässt die vier Philosophen lebendig werden und erzählt dabei nicht nur über die Entstehung ihrer großer Werke, sondern auch wie sich ihr Denken mit dem Privatleben vereinbart hat. Hierzu lässt der Autor weitere Personen aus dem Umfeld auftreten: Hannah Arendt, Karl Jaspers und Theodor Wiesengrund Adorno und noch viele Weitere. Was haben die vier gemeinsam? Was unterscheidet sie? Nur einer der vier Philosophen war ein Demokrat, Ernst Cassirer. Bis auf Heidegger gehörten die genannten Philosophen dem jüdischen Glauben an.

    In der beobachteten Dekade wächst das Wissen exponentiell. Konnte nach so einer großen Katastrophe, wie dem Ersten Weltkrieg, Metaphysik überhaupt noch eine Bedeutung haben? Wie sieht es mit der Sprache und deren Unvermögen über „Höheres“ zu kommunizieren, aus?  Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?

    Die Zeit offenbart eine Revolution des Denkens. Es geht um Erkenntnistheorie: Wie viel von seiner Umwelt bzw. überhaupt von der Welt kann der Mensch erfassen? Was sagen die empirischen Sprachwissenschaften? Wie lässt sich der Mythos damit verbinden? Was Können Anthropologen und Ethnologen dazu beitragen? Letztendlich: Was sagen die theoretischen Physiker?

    Das Ziel eines interdisziplinären Forums wird formuliert. „Das Ding an sich“, dessen Erkenntnis Immanuel Kant dem Menschen abgesprochen hat, spielt nach dem 1. Weltkrieg keine große Rolle mehr. Jaspers, Heidegger und die französischen Existentialisten führen eine neue Terminologie ein: 

    Daseinssorge – Dasein – das jemeinige Leben – Grenzerfahrungen – Das Umgreifende – Gott ist tot!

    Wolfram Eilenberger (Vielen sicherlich bekannt aus Sternstunde Philosophie) zeigt, wodurch seiner Meinung nach die vier Philosophen diese Epoche geprägt haben. Dabei entwickelten sich folgende Fragen:

    Wie weit dringt das philosophische Denken in den Alltag ein?

     Gehört es immer zum Alltag?

    4/5 Punkten

    SPRACHLICHE GESTALTUNG

    Wolfram Eilenbergers Erzählstil ist leicht, gut verständlich und unterhaltsam. Die Kapitellänge ist angenehm.

    5/5 Punkten

    COVER UND ÄUSSERE ERSCHEINUN

    Das Cover ist ansprechend, sagt aber wenig aus.

    3/5 Punkten


    FAZIT / REZENSION „ZEIT DER ZAUBERER“ VON WOLFRAM EILENBERGER

    Der Leser erkennt schnell, dass sich mit Sicherheit gewaltige Synergieeffekte ergaben, sobald diese Philosophen miteinander agierten.

    Wolfram Eilenberger zeigt dabei, wie eng die Beziehung zwischen Existenz und Theorie war. Das Denken und das Leben sind miteinander verknüpft. Ludwig Wittgenstein verschenkt seine Milliarden. Walter Benjamin fand nie wirklich sein Glück.

    Zu Martin Heidegger: Heidegger sagte über Aristoteles:

    „Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb“. 

    Er sah das Werk getrennt von der Biografie des Autors, der er keine Bedeutung beimaß. Ich sehe das anders. Mir fehlt jegliches Verständnis für Martin Heidegger. Wolfram Eilenberger betrachtet Martin Heidegger aus einer bewusst objektiven Distanz. Ich kann das nicht. In meinen Augen gehören Werk und Autor als Einheit zusammen.

    Während Hannah Arendt Heidegger als Philosophen sehr schätze, war sie menschlich von ihm zutiefst enttäuscht. Er war 1933 der NSDAP beigetreten. Sie bezeichnete es als eine „Entfremdung von Feinden“.

    Rezension „Menschen in finsteren Zeiten“ Hannah Arendt

    Ernst Cassirer scheint der Einzige zu sein, der die Philosophie nicht in sein Familienleben ließ und zufrieden lebte.

    Für Liebhaber von Philosophie, Geschichte auch Zeitgeschichte, lohnt es sich in jedem Fall, das Buch zu lesen. Es ermuntert zum Recherchieren und nachlesen. Vielleichte ist es aktueller, als es auf den ersten Blick scheint

    @NetgalleyDe und Klett-Cotta
    Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!

    Ich vergebe insgesamt 4/5 Punkten.


  3. Cover des Buches Wie wir wohnen werden (ISBN: 9783150206416)
  4. Cover des Buches Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin (ISBN: 9783314103827)
    Pei-Yu Chang

    Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Kinderbuchkiste
    Nach einer wahren Geschichte
    über den Philosophen Walter Benjamin

    Ein Bilderbuch für Kinder ab 5-6 Jahren +
    gut auch für den Unterricht an Grund-und Weiterführenden Schulen

    Bevor ich dieses Buch vorstelle möchte ich zunächst einmal den Philosophen Walter Benjamin und die Erzählerin und Illustratorin dieser Geschichte, Pei-Yu Chang vorstellen.
    *
    Ich denke es ist sehr wichtig diese beiden Personen vor dem Lesen der Geschichte kennen zu lernen um ein Verständnis für das Buch entwickeln zu können bzw. einen Zugang zu finden.
    *
    Walter Benjamin
    geboren wurde Walter Bendix Schönflies Benjamin am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Wie der Nachname Benjamin vermuten lässt eine jüdische Familie. Eine bürgerliche Familie.
    Sein Onkel war der berühmte Kinderpsychologe William Stern, der heute vor allem durch sein Konzept des IQ ( Intelligenzquotient) bekannt ist.
    Vom13.bis 15 Lebensjahr besuchte er eine Reformschule in Thüringen, kehrte dann nach Berlin zurück wo er dann später sein Abitur machte . 1912  ging er zum  Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Germanistik nach Freiburg, kam dann aber zurück nach Berlin um seine Studien fortzusetzten. Es folgte ein Aufenthalt in Frankfurt wo er Theodor Adorno kennen lernte, der ihm zum engen Freund wurde. Paris war eine weitere Station. Dorthin kehrte er  dann auch zurück als er 1933 ins Exil gehen musste. Als Kriegsflüchtling interniert kommt er 1939 aus der Haft. 1940 flüchtete er über Lourdes nach Marseille um  von dort mit Hilfe von Lisa Fitko ( siehe unserem Bilderbuch)  irgendwie nach Spanien zu gelangen mit dem weiteren Ziel USA.
    Künstler, Anwälte, Schriftsteller und andere machten sich mit ihm unter Führung von Lisa Fitko auf den Weg.
    Dabei hatte er den geheimnisvollen schweren Koffer, der ihm mehr bedeutete als sein Leben.
    Bis heute ist nicht geklärt wieso ihm dieser Koffer so viel wert war und was sich darin befand. Er gilt  bis heute als verschollen.
    Im September 1940 nahm er sich, so heißt es, auf der Flucht , vor den Nazis , das Leben.  War der Herzkranke zu schwach für die  weitere Flucht?  War es ein Opfer um einem anderen die Flucht zu ermöglichen? Es soll einen Abschiedsbrief an seinen Freund Adorno geben der dieses belegt. Es wird bis heute dennoch viel gerätselt und spekuliert. Sogar ein Film erzählt von Benjamins  mysteriösem Tod / Verschwinden.
    In den 1930er Jahren begann er kleine Erzählungen zu verfassen, in denen er seine Kindheit rückblickend betrachtet. Diese Erzählungen der Kindheit bot er verschiedenen Verlagen an, die jedoch kein Interesse zeigten.
    Sein Freund Adorno publizierte posthum 1950 erste Fragmente, die er selbst zusammen getragen hatte da das original Manuskript als verschollen galt.
    Erst 1987 fand man dieses.
    Weggefährte für einige Zeit waren Berthold Brecht und Hanna Arendt.
    Walter Benjamin war ein Philosoph, Denker und auch Quergeist.
    Ein viel interessierter, sehr intellektueller Geist der Spaß daran hatte neue Wege zu gehen. z B. arbeitete er für den Rundfunk. Ein Medium, dass damals noch in den Anfängen steckte. Man mag es kaum glauben es gab schon den Kinderfunk, den er mit eigenen Sendungen gestaltete, und mit selbst geschriebenen Erzählungen aber auch Buchtipps bereicherte.
    Es scheint, als sein ihm klar gewesen, dass man die Gesellschaft nur ändern kann wenn man den Kindern die richtigen Botschaften vermittelt.
    Vielleicht war er irgendwie immer auch Kind geblieben? Neugierig wie ein Kind, der noch dazu leidenschaftlich Spielzeug sammelte.
    Und so schließt sich vielleicht auch der Kreis zu diesem Buch.
    Mit Sicherheit hätte es ihm gefallen, dieses BilderBuch der Chinesin Pei-Yu Chang.
    *
    Pei-Yu Chang
    ist Germanistin und   Illustratorin mit  Wurzeln in Taiwan
    Sie wurde 1979 in Teipe geboren, wo sie Germanistik, die Deutsche Sprache, Literatur und Kultur studierte.
    Um zu promovieren kam sie nach Deutschland. Genauer gesagt nach Münster.
    Ein Kommunikationsdesign -Studium  Schwerpunkt Illustration schloss sich an.
    Den Abschluss bildet nun dieses Buch.
    "Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin"
    Ihre Abschlussarbeit bei Professor Felix Scheinberger, Uni Münster
    *

    Wie kam Pei-Yu Chang auf die Idee zu diesem Buch?
    Als sie in Marbach das  Literatur Museum der Moderne besuchte entdeckte sie einen Koffer.
     Ein leerer Koffer in dem ein kleiner Zettellag.
    Dieses Exponat weckte ihre Neugier.
    Von Adorno und Benjamin hatte sie bereits gehört nun stand da dieser Koffer.
    Sie begann zu recherchieren wobei sie später sagte, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema mehr Zeit in Anspruch genommen hat als die anschließende Umsetzung.
    Pei-Yu Chang wollte, gerade auch wegen der aktuellen Flüchtlingsproblematik, ein Buch über Flucht machen. Dabei jedoch nicht die zur Zeit gängigen Flüchtlingsthemen darstellen, sondern sich den Menschen und ihren Schicksalen widmen. Jeder der flüchtet hat ein Schicksal, das ihn veranlasst seinen Heimat zu verlassen. So wie die Menschen, die sich Lisa Fitko anschlossen.
    Es ist ihr gelungen ein sehr außergewöhnliches Bilderbuch zu schaffen.
    *
    Ein BilderBuch mit unglaublich ausdrucksstarker Bildsprache, freundlich, manchmal befremdlich, aber nie extrem beängstigend.
    Das Format etwas breiter gewählt als das der meisten Bilderbücher schon etwas besonderes. 
    Die Doppelseiten sind mit den kleinen Illustrationen und Collagen gefüllt die im starken Kontrast zu sehr großen Darstellungen kombiniert werden. Gleichzeitig finden wir immer auch einen sehr leeren Bereich. Pei-Yu Chang ist es wichtig Raum der Interpretation, der eigenen Gedanken die beim Betrachten aufkommen  zulassen. Ein Stil dem sich auch viele chinesische Illustratoren und traditionelle Maler bedienen. Vielleicht ist hier die Verbindung des Asiatischen zum Europäischen?
    Der Text fügt sich  auch rein optisch in das Bild ein. Sie spielt mit den Wörtern und ihrer Darstellung. Verwendet unterschiedliche Schrifttypen und Größen. Lässt sie starr und flexibel wirken je nach dem Inhalt der vermittelt werden soll.
    Sie illustriert die Schrift. Wechselt zwischen gedruckten, gemalten, ausgestellten Buchstabenhin und her so dass der Text seine eigene Geschichte erzählt mit einer ganz individuellen Wirkung.
    So gibt es zum Beispiel einen Dialog zwischen Frau Fitko und Herrn Benjamin als sie die Berge  besteigen. So wie die Berge hoch und runter gehen so steigen die Wörter schräg an und gehen ein anderes mal schräg runter.
    Seiten später wird die Gerüchte Küche angeheizt. Man erzählt sich etwas über den seltsamen Mann mit dem seltsamen Koffer. Ein Dialog via Telefon wird  in Wortschnipseln die wie aus einer Zeitung ausgeschnitten wirken visualisiert.
    Viele Darstellungen vor allem die der Häuser wirken im ersten Moment  simpel,naiv, spiegeln aber das kindlich naive sowohl der Zielgruppe als auch Benjamins selbst wieder.
    Das wird auch in einer weiteren Illustration deutlich. Hier steht Herr Benjamin in einer Gasse. Rechts und links Geschäfte er aber steht nicht etwa  vor einen Buchladen, nein er steht vor einem Spielzeuggeschäft. Mit den wieder sowohl die Zielgruppe der jungen Leser mit ins Boot geholt werden als auch Benjamins reale Leidenschaft für Spielzeug.
    Gekonnt lässt sie Benjamins realen Charakter, Leben, Träume, Wünsche ,Leidenschaften visuell gestalterisch einfließen.
    Pei-Yu Chang verbindet Zeichnungen, mit ausgeschnittenen Elementen, die wieder zu einem neuen Objekt zusammengesetzt werden. Collagen mit Zeichnungen. Dabei spielt sie so ganz nebenbei auch noch mit den Farben. Nie schrill,  warm aber der Situation angepasst auch mal sehr kühl mit viel Schwarz.
    Zu Beginn sehen wir Herrn Benjamin, einem nachdenklich aber sehr freundlich wirkenden Mann mit wirren Haaren in denkender Position.
    Jemand der die Geschichte nicht kennt wird eine ehr fröhliche Geschichte  vermuten. Blättert man um verlagert man beim Betrachten automatisch die Körperhaltung. Rückt etwas vom Bild weg als wolle man es mit etwas Abstand betrachten um die übergroßen, breiten, drei dunklen Männer in Uniform besser / klarer erkennen zu können. Gleichzeitig durchfährt einen der Gedanke:
    " Was wollen die denn hier?"
    Damit hatte man nicht gerechnet. Es ist auch ein Überfall auf den Betrachter.
    Auch die nächste Doppelseite ist nicht wesentlich freundlicher. Viele kleine Soldaten mit Gewehren und viele kleine schemenhafte Menschengestalten ,die die Arme hoch halten und aus ihren naiv wirkenden Häusern herausgeführt werden.
    Freundlicher wird es auf der nächsten Seite. Gefolgt von zwei Seiten der scheinbaren Neutralität In der Wirkung.
    Die Wirkung der Illustrationen schwankt je nach Inhalt der Geschichte, wirkt aber im weiteren Verlauf  nie völlig bedrohlich. Zum Ende hin sogar zuversichtlich.
    Denn hier werden Herr Benjamin und Frau Fitko vorgestellt, die es ja wirklich gab.
    Die Leser erfahren etwas zu den beiden Personen.
    Ja, und ganz zum Schluss auch noch über die Erzählerin und Illustratorin dieser Geschichte, die sich selbst nicht real zeichnet sondern angepasst an die Figuren der Geschichte wobei ihre Jacke das Muster und die Farben des Inneren des Koffers gleicht.
    *
    Ich habe selten ein Buch gesehen in dem Geschichte, Intention,Text und Darstellung so in einander verwoben sind. Pei-Yu Chang hat ihr ganzes Wissen über Herrn Benjamin, die beteiligten Personen und die Geschichte mit dem Koffer  in ein Gesamtkunstwerk transportiert, das viel mehr erzählt als nur eine Geschichte.
    *
    Jetzt habe ich so viel über die Personen und Darstellungen erzählt aber noch nichts über die eigentliche Geschichte.
    Das hole ich nun nach.
    Die Geschichte vom geheimnisvollen Koffer des Herrn Benjamin.
    Eine wahre Geschichte über den Philosophen Walter Benjamin.
    *
    Im Vorsatz blicken wir auf das Innere eines Koffers, ausgeschlagen mit gelbem, rot grün kariertem  Stoff . Braune Schnallen zieren dieses Bild.
    Dieses Bild führt uns unweigerlich in die Geschichte hinein., die Pei-Yu Chang leicht verständlich erzählt.
    Das sie dabei ihre Illustrationen mit dem Text verwebt erzählte ich bereits.
    Es beginnt mit der Schilderung der Ausgangssituation. Viele kluge Leute denken über die Welt in der sie leben nach. Überlegen wie sie besser  oder wie das Leben reicher werden könnte.
    Bildende und darstellende Künstler, Schauspieler, Schriftsteller, Philosophen so wie Herr Benjamin, der Mann mit dem großen schwarzen Hut und dem roten großen Koffer.
    Das wird aber zu der Zeit von dem Regime in diesem Staat nicht gewollt. Alle die frei ihre Meinung sagen wollten und dafür einstanden wurden verfolgt. Von Soldaten gefangen genommen und ins Gefängnis/Lager gebracht.
    Zu dieser Zeit hatten viele Leute Angst inhaftiert zu werden und versuchten aus diesem Land zu fliehen.
     Das war gar nicht so einfach. Erfuhren die Soldaten von den Fluchtideen verhafteten sie die Menschen. Daher musste alles heimlich geschehen.
    Es gab aber immer wieder Menschen, die sich gut aus kannten und anderen dabei halfen zu fliehen.
    Der Philosoph Herr Benjamin wollte eigentlich sein Land nicht verlassen fürchtete aber irgendwann um sein Leben und entschied sich  dann doch zur Flucht. Frau Fitko, war eine Frau, die man auch Widerstandskämpferinnen nannte. Sie verhalf vielen, vielen Leuten zur Flucht. Sie zeigte ihnen den Weg und begleitete sie so weit es möglich war.
    So auch einer Gruppe von Menschen zu der Herr Benjamin zählte.
    Schon vor dem eigentlichen Termin trafen sie sich um Details zu besprechen. Frau Fitko wies alle darauf hin, möglichst dunkle Kleidung zu tragen und wenig Gepäck, da der Weg lang und beschwerlich war und man seine Kraft nicht mit schwerem Gepäck vergeuden solle.
    Dennoch hielt sich Herr Benjamin nicht an den Rat und kam mit einem großen roten Koffer zum vereinbartem Treffpunkt.
    Er weigerte sich beharrlich den Koffer da zu lassen, denn er bedeutete ihm mehr wies ein Leben.
    So schleppte er ihn den weiten Weg über die Berge. Das Ziel war schon zu sehen als ......................
    Keiner wusste wo der Koffer abgeblieben war.
    Jahre später noch erzählte man sich die Geschichte des Herrn Benjamin mit dem geheimnisvollem Koffer. Der eine wusste zu berichten, dass Mutters gute, leckere Marmelade darin gewesen ist. Andere wiederum meinten zu wissen, dass das Manuskript für ein besonders Buch darin gelegen haben muss.
    Was sich wirklich in dem Koffer verbarg wird ein ewiges Geheimnis bleiben.
    *
    Eine Geschichte, ein Stück deutscher Zeitgeschichte, die uns die Nazi Zeit näher bringt. Im Vordergrund jedoch vermittelt sie die Geschichte des etwas kautzig, verschroben, eigenwillig aber auch warmherzig wirkenden Philosophen, den wir, so skurill er auch sein mag gleich ins Herz schließen. Das wiederum liegt wohl vor allem an der bildlichen Darstellung, die uns gleich zu Beginn, schon auf dem Buchcover entgegen blickt.
    *
    Ob solch ein Thema etwas für Kinder ist?
    Diese Frage werden sich sicherlich viele Erwachsene stellen.
    Ich denke ja, aber nicht wie vom Verlag empfohlen schon für 4 jährige.
    Wir haben viel zu wenig anspruchsvolle Bilderbücher für ältere Kinder ab 6 Jahren. Hier sehe ich das Buch.
    Doch wie so oft wollte ich es genauer wissen.
    Wie vreagieren4 jährige Kinder, wie 6-8Jährige und was ist mit dennoch älteren und den Jugendlichen?
    Dieser Frage bin ich in den letzten Wochen nach gegangen.
    *
    Eine mutige Erzieherin einer Kindertagesstätte ermöglichte es mir mit 4-5 jährigen Kindern das Buch zu betrachten.
    Da wir uns klar darüber waren, dass die Kinder davon zuhause berichten würden, luden wir die Eltern zu einer Vorab Buchvorstellung ein.
    Es kamen 26 interessierte Eltern, denen wir  an einem Abend 12 Bücher vorstellten, die in der nächsten Zeit mit den Kindern gelesen und bearbeitet werden sollten.
    Darunter eben auch dieses Buch.
    14 Elternlehnten das Buch Grund weg ab. Damit sollten sich ihre Kinder nicht auseinander setzten. Die anderen 12 waren interessiert fragten teilweise sogar ob sie bei der Nachbereitung helfen könnten.
    Letztendlich waren es an diesem Tag dann 9 Kinder die wir in unser Lesezelt einluden.
    Schnell stellten wir fest, dass sie entweder unverständlich oder verängstigt die Bilder verfolgten. Auf den Text reagierten sie kaum. Abbrechen war für uns keine Option um auch die Kinder nicht zu verunsichern, so ließen wir die Kinder erzählen was sie sahen und wie sie die Geschichte erleben.
    Der Kommentar des einen Kindes veranlasste das nächste Kind zu erzählen und so kamen wir der Geschichte ganz ohne Text sehr nahe. Dabei spielte der ein oder andere Mediale Erfahrungsschatz einiger Kinder  bei der Interpretation der Bilder mit, insbesondere der Szenen mit den Soldaten und Gewehren.
    Nicht alle wussten was Gewehre sind.
    *
    Was haben wir Erwachsene aus dieser "Lesung" mitgenommen?
    Auf jeden Fall, dass dieses Buch für unsere 4-5 Jährigen nur bedingt geeignet war. Sehr positiv hingegen die vielfältigen Möglichkeiten Sprachkompetenzen zu entwickeln.
    Auf der philosophischen Ebene und der Botschaft der Geschichte wirkte nicht alles.
    *
    Ganz anders hingegen war es als wir das Buch in der 2.Klasse einer Grundschule vorlasen.
    Die Kinder im Alter zwischen 6 und 8 Jahren verstanden die Botschaft sehr genau. Konnten Vergleiche aufstellen und ihre Eindrücke und Gedanken dazu sehr genau äußern.
    Ihnen gefiel das Buch sehr gut, vielleicht auch gerade deshalb weil man ihnen zu traute diese Geschichte zu verstehen.
    Ein Junge formulierte es so:" Ich finde das toll das wir das Buch gelesen haben. Mein großer Bruder ist in der 10 da haben sie über den Krieg gesprochen und die Judenverfolgung aber mein Papa hat gesagt er soll so etwas nicht erzählen wenn ich am Tisch sitze weil ich dafür zu klein sei. Das fand ich doof. Ihr habt mit uns das Buch gelesen da habt ihr doch bestimmt gedacht das ist schon was für unser Alter."
    Solche Äußerungen hörten wir häufig.
    Fazit dieser Lesung, die zur Einführung eines ganzen Wochenprojektes zum Thema  Krieg und Flucht diente:
    Die Kinder waren bis auf wenige Ausnahmen sehr angetan von dem Buch. Bei den Mädchen gab es einige die sagten: "Das find ich doof!"
    Alle verstanden den Inhalt der Geschichte und konnten ihn reflektiert betrachten.
    *
    Blieb die Gruppe der Älteren / Jugendlichen
    Wir übergaben das Buch einem Philosophie Lehrer an einem Gymnasium Klasse 12.
    Wir überließen ihm die Arbeit und beobachteten.
    Was wir erlebten war sehr beeindruckend.
    Ausnahmslos alle 18 Schüler/innen fanden das Buch, die Darstellungsform und die Umsetzung grandios. Sie waren beeindruckt von der Wirkung der Bilder in Kombination mit dem Text. Sie analysierten, hinterfragten, diskutierten, nahmen dass Buch als Einstieg in eigene Recherchen zu Walter Benjamin und Theodor Adorno.
    Keiner hätte vorher gedacht, dass es ein Bilderbuch gibt, das auch Jugendliche und Erwachsene anspricht.
    *
    Die Erfahrungen mit diesem Buch waren sehr bereichernd für uns.
    Wir haben Diskussionen und Gespräche mit Tiefe erlebt, die zeigen, dass es schade ist dass e ssoooo wenig
     Vergleichbares gibt.
    Also ihr Bilderbuchmacher und Illustratoren ja und natürlich Pei-Yu Chang,
    bitte mehr !!

    Es bleibt zu hoffen, dass es viele Eltern gibt, die mit ihren Kindern diese Geschichte lesen und entdecken.

    Ein ganz großer Dank geht an Pei-Yu-Chang, die mit soviel Liebe und Hingabe dieses wunderbare Buch geschaffen hat und uns so ein Stück deutscher Zeitgeschichte näher gebracht hat.
    Danke!
  5. Cover des Buches Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (ISBN: 9783518461969)
    Walter Benjamin

    Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit

     (31)
    Aktuelle Rezension von: SabWe

    Knapp 40 Seiten umfasst Walter Benjamins berühmter Aufsatz zur technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken und gilt trotz dieser Kürze als „Gründungsdokument der modernen Medientheorie“.

    In seinem Essay befasst sich Benjamin mit der Frage, wie die Möglichkeit, Kunstwerke unendlich zu reproduzieren, unsere Wahrnehmung von Kunst und unsere Bewertung und Interpretation von Wirklichkeit verändert.

    Der Aufsatz entstand 1936, als Benjamin selbst sich bereits ins Exil flüchten musste, und entstand daher vor dem Hintergrund des sich zum Massenphänomen entwickelnden Faschismus. Doch hat er auch mehr als acht Jahrzehnte später noch nichts an Bedeutung verloren, weshalb er aus meiner Sicht unbedingt auf den Kanon jener Werke gehört, die in allen Schulen und Universitäten gelesen werden sollten.

     

    Fragen, mit denen ich dem Text begegne

    Gelesen habe ich Benjamins Essay mit ganz eigenen Fragen im Kopf. Ich befasse mich derzeit sehr intensiv mit der Frage, wie sich unsere sinnliche Wahrnehmung durch die Nutzung von Technologien verändert. Mich interessiert insbesondere das Phänomen des Gaffens, mit dem sich Rettungskräfte heute immer häufiger konfrontiert sehen. Dieses steht für mich in einem Zusammenhang mit einer neuen Form von Gewalt: Dem Cybermobbing und speziell dem Hochladen von entwürdigenden und gewalttätigen Aufnahmen am Smartphone.

    Meine Thesen dazu lauten, dass

    • sich durch den massenhaften Konsum von technisch vermittelten Bildern die Wahrnehmung vieler Menschen bereits vehement verändert hat.
    • Gaffer und Gewalttäter, die ihre Taten filmen, sich mit dem Smartphone verbinden, nicht aber mit dem Geschehen, das sie aufnehmen. Dies umso mehr, da es sich zumeist um Laien handelt, die die Technologie nicht „im Griff“ haben.
    • diese Menschen etwas „Einzigartiges“ schaffen wollen, was erst dadurch an Wert gewinnt, dass sie es anschließend wie ein Kunstwerk in ihre Netzwerke hochladen und präsentieren können.

     

    Alle drei Thesen sehe ich durch Benjamins Aufsatz bestätigt.

     

    Echtheit und Aura unterscheiden Original und Kopie

    Walter Benjamin thematisiert in seinem Essay wie die technologische Reproduzierbarkeit von Kunst unsere Wahrnehmung verändert. Das Werk legt den Schluss nahe, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesem Wandel und dem Aufkommen des Faschismus gibt, da Massenkultur und Faschismus verschiedene Aspekte eint.

    Um Benjamins Ausführungen folgen zu können, ist es allerdings notwendig, eine Prämisse zu akzeptieren, die wegen ihrer Begrifflichkeit zunächst irritieren dürfte. Benjamin unterschied das Kunstwerk als Original von seiner Kopie durch den Begriff der Echtheit, die schließlich dazu führt, dass das Original eine jeweils eigene „Aura“ umgibt. Damit ist allerdings kein Geistwesen oder eine spirituelle Energie gemeint. Die Aura des Kunstwerkes ergibt sich aus dessen

    • Einzigartigkeit,
    • Bezug zum Hier und Jetzt,
    • Entstehungsgeschichte,
    • Bezug zu einem Ritus oder einer Tradition.

    Die Aura sorgt für eine gewisse Distanz des Betrachters, durch die allein er das Kunstwerk genießen und wahrnehmen kann. Insgesamt erlangt das Original damit eine Autorität, die der Kopie fehlt. Die technische Reproduktion verfügt über keine solche Aura und verzichtet auf jeden Anspruch auf Echtheit.

     

    Verlust der Aura und Ausbettung führen zur Veränderung der sinnlichen Wahrnehmung

    Die technische Reproduktion hebt das Kunstwerk aus all diesen Zusammenhängen heraus. Es lässt sich beliebig oft kopieren, überall aufstellen oder an die Wand hängen, verliert den Anspruch auf Echtheit, Einzigartigkeit und Autorität. Der Konsum technisch reproduzierter Kunstwerke verändert damit auch die Wahrnehmung – und zwar nicht in einem irgendwie übertragenen Sinn, sondern ganz konkret.

    Denn die „Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert – das Medium, in dem sie erfolgt – ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt. Verschiedene Epochen haben nicht allein unterschiedliche Kunststile, sondern auch verschiedene Arten der Wahrnehmung“ (Kapitel III). Das Einzigartige weicht innerhalb einer unendlich kopierbaren Wirklichkeit dem Gleichartigen.

     

    Die Masse macht’s – Reproduktionstechnologien aus Sicht des Kapitals

    Die Investition und Weiterentwicklung in Reproduktionstechnologien lohnt sich aus wirtschaftlicher Sicht jedoch nur, wenn sie von den Massen angenommen werden oder für die Massenproduktion genutzt werden. Im vierten Kapitel seines Aufsatzes führt Benjamin diesen ökonomischen Ansatz seines Essays am Beispiel Film aus. In diesem sei „die Massenproduktion schon deshalb angelegt, weil die Produktion selbst so teuer ist, dass sie sonst nicht leistbar wäre“.

    Die Massenproduktion muss daher zwangsläufig einen allgemeinen Geschmack hervorbringen und wird gleichzeitig von dem, was die Masse wünscht und fordert, beeinflusst. Kunst, so interpretiere ich diesen Gedanken, steht dieser Masse dann nicht mehr als Gegenstand der Betrachtung zur Verfügung, sondern entspringt ihrer Vorstellung, was Kunst sein soll und sein darf. Diese Allgemeintauglichkeit aber geht mit einer Verflachung einher, da das, was allen gefallen soll, eben nicht einzigartig und besonders sein darf.

     

    Verbindung mit dem Apparat statt mit dem Kunstwerk oder dem Künstler

    Benjamin stellt der technischen Produktion von Filmen die Aufführung von Theaterstücken gegenüber. Er verdeutlicht dabei, dass das Theaterstück wesentlich von der Leistung der Darsteller abhängt, mit denen sich der Betrachter verbindet. Im Film dagegen kommt der schauspielerischen Leistung untergeordnete Bedeutung zu.

    Nicht er repräsentiert die Darbietung, sondern die technische Apparatur. In der Folge gibt es „keinen Kontakt zwischen Darsteller und Publikum. Dieses fühlt sich in den Darsteller nur rein, indem es sich in den Apparat einfühlt“ (Kapitel VIII). Auch der Darsteller und damit der Mensch verliert somit im Film seine Aura, an deren Stelle der „Starkult“ tritt, „der einem Warencharakter entspricht“ (Kapitel X).

     

    Schockwirkung statt Kontemplation

    Und während das Kunstwerk zur Kontemplation einlädt, setzen technologische Darstellungsmittel auf die Schockwirkung einer bis dato unbekannten, distanzlosen Betrachtungsweise.

    „Die beweglichen Bilder besetzen den Platz der eigenen Gedanken, der eigene Assoziationsablauf wird dadurch unterbrochen. Darauf beruht die Schockwirkung des Films, die wie jede Schockwirkung durch gesteigerte Geistesgegenwart aufgefangen sein will“ (Kapitel XIV).

    Diese Schockwirkung aber entspricht dem Gefühl der Bedrohung, der sich der Mensch in seiner Zeit ausgesetzt sieht. Der Film spiegelt damit auch Veränderungen im Wahrnehmungsapparat, wie sie beispielsweise „jeder Passant im Großstadtverkehr“ erlebt und vollziehen muss, um mit diesen Gefahren umgehen zu lernen (XIV).

     

    Verlust an Anspruch und Erfahrung

    Durch die Einbeziehung der Massen in die Rezeption von Kunst, wird bei diesen auch das Begehren geweckt, sich selbst als Künstler oder in verwandter Art zu betätigen. Benjamin führt dies am Beispiel „Schreiben“ aus. Während zunächst „einer geringen Zahl an Schreibenden eine vieltausendfache Zahl von Lesenden gegenüberstand“, zeigt sich der Wandel darin, dass um die Wende zum 20. Jahrhundert „immer größere Teile der Leserschaft […] unter die Schreibenden“ geriet (Kapitel X).

    Damit verliert nicht nur die Unterscheidung zwischen Autor und Publikum an Bedeutung. Verloren geht auch der Anspruch, dass es bestimmter Erfahrungen, Kenntnisse und Talente bedarf, um sich als Autor, Journalist oder Kommentator an ein Publikum zu wenden.

     

    Aus Fortschritt wird Lust am eigenen Untergang

    Das Fortschrittliche, das man in einer solchen Entwicklung sehen könnte, relativiert sich durch den Umstand, dass durch die technische Reproduzierbarkeit von Kunstwerken „die Lust am Schauen und am Erleben“ eine „innige Verbindung mit der Haltung des fachmännischen Beurteilers eingeht“. Dabei fallen „die kritische und die genießende Haltung im Publikum auseinander. Das Konventionelle wird kritiklos genossen, das wirklich Neue kritisiert man mit Widerwillen“ (Kapitel XII).

    In dieser Hinneigung zum Konventionellen besteht die Chance von Faschismus und Totalitarismus, den Massen das Gefühl zu geben, dass man ihnen zum Ausdruck verhelfen wolle, indem man ihre Sinneswahrnehmung mit technischen Reproduktionen bedient, besetzt und lenkt.

    „Die Menschheit, die einst bei Homer ein Schauobjekt für die Olympischen Götter war, ist es nun für sich selbst geworden. Ihre Selbstentfremdung hat jenen Grad erreicht, der sie ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuß ersten Ranges erleben läßt“ (Nachwort).

     

    Bedeutung für die Gegenwart und Fazit

    Walter Benjamins Essay über das „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ ist von einer genialen Prägnanz und Voraussicht. Er geht über das Verständnis von Kunstwerken und deren Rezeption weit hinaus. Benjamin versuchte nicht, im Sinne einer Elite, die heilige Kunst für eine auserwählte Schar zu retten, sondern leistete einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Faschismus, indem er auf Aspekte und Zusammenhänge einging, wie sie in Werken zur politischen Ökonomie kaum vorkommen.

     

    Übertragung aufs Heute: Verlust an Wahrnehmung und Verbindung mit Apparaten

    Seine Ausführungen lassen sich auf die gegenwärtige Digitalisierung von Kunst, aber auch von gesellschaftlichen und politischen Prozessen übertragen und gedanklich weiterführen. Was wir derzeit erleben, gleicht einem evolutionsgeschichtlichen Bruch in der Geschichte des Sehens und Wahrnehmens. Gaffer und filmende Gewalttäter gehören bereits heute zu den Auswüchsen dieser Veränderung. Es sind Menschen, die sich voll und ganz mit der Apparatur verbinden, nicht aber mit der leidenden Kreatur.

     

    Tendenzen zu Faschismus und Totalitarismus

    Auch die Tendenzen zu Faschismus und Totalitarismus, die Beliebigkeit der Entstehung und Verbreitung von Nachrichten, die Meinungsbildung ohne jegliche Erfahrung oder Auseinandersetzung mit einer Thematik und mit den Medien zu ihrer Verbreitung gehören dazu und sind deutlich erkennbar. Und ganz im Geiste des Faschismus wenden sich heute bestimmte Parteien an die vermeintlich unerhörte Masse, der sie zum Ausdruck verhelfen wollen, aber „beileibe nicht zu ihrem Recht“. Wie damals versucht man heute, „die neu entstandenen proletarisierten Massen zu organisieren, ohne die Eigentumsverhältnisse, auf deren Beseitigung sie hindrängen, anzutasten“ (Nachwort).

     

    Fortschritt als Pakt mit dem Kapital: Mensch ohne Aura

    Doch sind es nicht die ewig Rückwärtsgewandten, die mir allergrößte Sorge bereiten. Es ist der Begriff des Fortschritts, der in Benjamins Schrift einen ungewohnten Stellenwert erhält. Auch heute ist jeder Fortschritt an einen ökonomischen Gegenwert gebunden. Er muss sich lohnen, muss die Masse erreichen, sie sich zunutze machen und von ihr angenommen werden.

    „Das Kapital“ braucht dafür ein Individuum ohne Aura – eines, das entwurzelt und beliebig sein kann, was immer es zu sein wünscht. Denn nur ein solches Individuum erfindet sich beständig selbst und neu und bleibt dabei doch purer Konsument von Reproduktionstechnologien – sei es nun im künstlerischen, sei es im medizinischen oder auch in jedem erdenklichen anderen Bereich.

     

    Automatisierung und Roboterisierung – es gibt Wichtigeres zu besprechen

    Die Ausbettung des Originals aus seinem Zusammenhang, die Täuschung unserer Wahrnehmung, die Verbindung mit Apparaten statt mit Kreaturen und der Verlust an praktischer Erfahrung sind wichtige Merkmale und Begleiterscheinungen jenes Prozesses, den wir als digitale Transformation bezeichnen.

    Im Gegensatz zu Automatisierung und Roboterisierung der Arbeitswelt, die letztlich nur das logische Ende der Rationalisierung darstellen, haben wir diese aber kaum im Blick. Nachdem ich Benjamins Essay gelesen habe, wird mir einmal mehr klar, dass es dringend an der Zeit ist, dies zu ändern.

    Unbedingte Leseempfehlung!

     

  6. Cover des Buches Der Haschisch-Club (ISBN: 9783932170577)

    Der Haschisch-Club

     (5)
    Aktuelle Rezension von: LeveretPale
    Erst einmal etwas zur Aufmachung des Buches, denn die ist meiner Meinung nach wirklich gut gelungen. Die schwarzweiß Illustrationen im Inneren harmonieren perfekt mit den psychedelisch anmutenden Grafiken, die übrigens im Dunkeln leuchten, auf dem Cover.
    Entgegen des Titels, handelt das Buch aber nicht ausschließlich von Haschisch, sondern auch von anderen Drogen,  nämlich Meskalin, Kokain und LSD. (Opium leider nicht, was ich irgendwie schade finde, weil diese Droge vor  allem in der Romantik eine große Rolle spielte und es viele gute Texte dazu gibt). Die ersten Text handeln ausschließlich von Haschisch, aber desto weiter man liest, desto moderner werden die Texte und Psychedelika erlangen mehr an Bedeutung. Genrell sind die Texte gut ausgewählt, aber zugleich mein größter Kritikpunkt:
    Viele Texte aus diesem Buch, sind Fragmente aus anderen, wie z.B.: aus Huxleys "Die Pforten der Wahrnehmung", Albert Hoffmanns "LSD - Mein Sorgenkind" oder Baudelaires "Künstliche Paradise". D.h. die Text sind deswegen nicht ganz vollständig und schneiden ein Thema an. Es ist als würde man ein Stück Kuchen essen und in der Mitte gezwungen werden es wieder auszuspucken. Für jemanden, der nur einen groben Überblick über die Drogenliteratur haben und nur paar Details aufschnappen will, ist das in Ordnung. Wer sich jedoch ernsthaft damit beschäftigen will, bekommt hier nur Anregungen für weiterführende Literatur, wobei die auch nicht so vollständig sind - wie gesagt, das Opium und damit  De Qunicey und Poe hätten hier ruhig Einzug halten können. Am Ende war der Fokus etwas zu sehr auf LSD gerichtet.

    Fazit:
    Für jemanden, der nur ein bisschen schnuppern will - perfekt. Wer mehr wissen will oder bereits mehr weiß oder wirklich fundierte Fakten sucht, der holt sich am besten gleich die Originale, statt sich mit dieser  Leseprobensammlung zu beschäftigen.
  7. Cover des Buches Lissabon - Eine literarische Einladung (ISBN: 9783803112699)
    Gaby Wurster

    Lissabon - Eine literarische Einladung

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Lissabon hat schon so manchen in seinen Bann geschlagen. Wie in jeder anderen Großstadt machen natürlich auch hier die Ecken das Leben aus, die man nicht auf einer Sightseeing-Tour sieht. Aber Lissabons Zauber sind die Details, auf die nur der hinweisen kann, der die Stadt kennt. Die Kioske etwa, die Literatur und Kunst unter der Erde, wenn man sich z.B. die Bahnhöfe Oriente oder Cais de Sodre anschaut, Lissabon hat seinen Fado und die Saudade, es ist die Stadt der Nuancen und vor allem hat sie eines: ihr Licht. Das alles, sowie die besondere Historie der Stadt, die durch ein Erdbeben 1755 komplett zerstört wurde, die die letzte Station vor der Flucht nach Amerika im Zweiten Weltkrieg und Ausgangspunkt eines Kolonialimperiums war, gibt Stoff für Geschichten, Romane und eben Betrachtungen, wie wir sie hier in diesem Buch finden. Namen, die mit Lissabon eng verbunden sind wie Pessoa, Antunes, Saramago, Remarque und viele mehr, tragen mit ihren eindringlichen Texten zur Charakterisierung einer Stadt bei, die nie vollständig mit Worten beschrieben werden kann. Allen Autoren ist eines gemeinsam: Ihr Verständnis für die Stadt und eine enge Verbundenheit, wie auch immer ihre Bewertungen ausfallen. Für alle diejenigen, die sich für portugiesische Literatur interessieren und noch nicht so viele der Autoren kennen, ein großartiger Einstieg. Aber am besten ist dieses Buch in Lissabon selbst aufgehoben, wenn es den Leser bei einem Besuch begleiten kann, wenn man nach der Lektüre der einen oder anderen Geschichte die Orte besuchen und selbst erleben kann.
    Die Editorin und Übersetzerin Gaby Wurster hat hier einen hervorragenden Job getan und mit viel Liebe und Detailwissen die Beiträge zusammengestellt und teilweise übersetzt. Herausgekommen ist ein nachhaltiges Buch für Lissabonliebhaber sowieso und für alle, die es noch werden wollen. Das sich die Weiterentdeckung der Autoren, die man hier lesen kann, lohnt, muss nicht extra erwähnt werden.
  8. Cover des Buches Der Mythos der reinen Sprache. Walter Benjamin, Ernst Cassirer, Hans Blumenberg (ISBN: 9783770542406)
  9. Cover des Buches Reisender mit schwerem Gepäck (ISBN: 9783407809247)
  10. Cover des Buches Wolfgang Fietkau: Schwanengesang aauf 1848 - Ein Rendevouz am Louvre: Baudelaire, Marx, Proudhon und Victor Hugo (ISBN: B0028XVAWE)
  11. Cover des Buches Berliner Kindheit um neunzehnhundert (ISBN: 9783518582879)
    Walter Benjamin

    Berliner Kindheit um neunzehnhundert

     (6)
    Aktuelle Rezension von: sKnaerzle

    Benjamins erster Satz scheint mir der Schlüssel zu diesem kleinen Werk: Es ist eine Kunst, sich in einer Stadt zu bewegen, als sei sie fremd. 

    Genau das ist die Situation eines Kindes, das seine Welt eben entdeckt, vieles falsch versteht und sich Erklärungen sucht, die sich später als fantasievoll aber falsch erweisen. Diese Kindheitserinnerungen sind liebenswert und man liest sie gern.

    Unterschwellig merkt man aber, dass es Benjamin um noch etwas anderes ging. Die Welt reichert sich mit Bedeutungen und Zeichen an, während wir sie durchleben und wenn wir unsere Irrtümer und Illusionen erkennen und sie durch neue Irrtümer ersetzen, so bleiben die alten noch ein wenig daran haften, so dass sich Fantasie und Realität durchdringen. Darauf ungefähr läuft es hinaus.

  12. Cover des Buches Trösterchen (ISBN: 9783760741758)
    Petra Schmidt

    Trösterchen

     (1)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly
    Der Verlag arsEdition hat ja jede Menge dieser einfallsreichen "Tischaufsteller-Umklappbücher". Das Trösterchen ist ein kleines und sehr liebevoll gestaltetes Werk aus dieser Reihe. 27 poetische Kärtchen zum Mutmachen laden zum Hin- und Herblättern ein. Die schöne Schreibschrift vermittelt einen sehr persönlichen Eindruck und die Botschaften der namhaften Autoren treffen uneingeschränkt in die Herzmitte. Alle Kärtchen können herausgeschnitten werden, auf der Rückseite ist ein Platz für persönliche Notizen oder Botschaften an andere Mutbedürftige eingeräumt. So lässt sich das Trösterchen vielseitig nutzen. - Leben muss man vorwärts - Sören Kierkegaard
  13. Cover des Buches Kopf oder Zahl (ISBN: 9783518119983)
  14. Cover des Buches Sonette (ISBN: 9783518018767)
    Walter Benjamin

    Sonette

     (0)
    Noch keine Rezension vorhanden
  15. Zeige:
    • 8
    • 12
    • 24

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks